In der 125. Besprechung nehme ich euch mit in die schottischen Highlands. Edradour mag zwar nicht mehr Schottlands kleinste Brennerei sein, aber dennoch werden hier nur zwei Fässer am Tag destilliert. Für den heutigen Whisky wurden dann auch genau zwei Fässer miteinander vermählt und ergeben so eine Art von Whisky Cuvée! Oloroso und Sauternes - kann das funktionieren?
Kreativität im Whiskybusiness
Die Brennerei Edradour war jahrelang wirklich nicht meine Brennerei. Den Standardwhisky empfand ich irgendwie als "seifig" und habe ihn schnell abgehakt. Dann war ich letztes Jahr vor Ort und muss sagen, dass es bei mir für Edradour seitdem steil bergauf ging. Die Destille ist einfach ein Kleinod im Herzen Schottlands, umgeben von toller Landschaft und mit einer Gemütlichkeit, die der Brennerei ganz eigen ist. Auch der Whisky hat mir vor Ort gut geschmeckt - ok, das liegt natürlich auch am Urlaub - und seitdem habe ich mich immer wieder an die Brennerei herangetastet (deutsche und englische Aussprache sind hierbei beide richtig!).
Heute kommt also ein "Cuvée" in mein Glas. Im Whisky-Bereich gibt es diesen Ausdruck eigentlich eher selten, hier wird eher von Blends oder verschiedenen Fasslagerungen gesprochen. Allerdings ist ein Blick auf das Wort spannend: In Deutschland meint ein Cuvée meist eine Mischung aus verschiedenen Rebsorten. Beim Whisky ergibt das natürlich keinen wirklichen Sinn, denn ein Single Malt besteht immer aus gemälzter Gerste. Im Ursprung steht Cuvée aber für jeden separat abgefüllten Wein eines Weingutes, was wir als "Cuvée" bezeichnen heißt im französischen Assemblage. Vielleicht spielt Edradour aber auch auf das Cuvée Prestige an: Die besten Abfüllung des Hauses! Wahrscheinlicher ist aber eher, dass es ein Hinweis auf die besondere Vermählung von nur zwei Einzelfässern sein soll. In diesem Fall ein Olorosofass mit der Nummer 81 und ein Sauternesfass mit der Fassnummer 171.
Edradour 2009 / 2019 - Verkostungsnotizen
Über den Whisky: Der heutige Edradour ist ein Cuvee aus zwei verschiedenen Fässern, die beide 2009 destilliert wurden. Abgefüllt wurde nach insgesamt 9 Jahren am 18.4.2019. Bei den Fässern handelt es sich um ein Ex-Oloroso und ein Ex-Sauternes Cask (#81 bzw. #171). So eine Zweiermischung und Fasskombination hatte ich jedenfalls noch nicht. Ich bin sehr gespannt! Abgefüllt wurde in Fassstärke mit 55,9%, auf Kühlfilterung und Farbstoff wurde verzichtet.
Aroma: Ouuuha! Da kommt aber mächtig was aus dem Glas! Ein schwerer, kräftiger Malt, keine Frage. Nur was ist das genau? Die Aromen sind extrem verdichtet und obwohl ich viel rieche fällt es mir schwer, genaueres zu benennen. Nun gut: Süß und zugleich trocken. Ganz klar Malz und insgesamt Getreide. Dessertwein und trockene Früchte und abschließend eine leicht spitz-säuerliche Note. Ein wenig Alkohol kommt auch mit durch, ja.
/mit Wasser: Zugänglicher, weicher und eine schöne Karamellnote. Mit Wasser gefällt mir das Aroma auf jeden Fall ein wenig besser.
Geschmack: Auch auf der Zunge legt dieser Dram richtig los. Ich habe ein alkoholisches Prickeln, Säure und eine absolute Einnahme meines Mundes. Feuerwerk ab Sekunde eins! Erst kommt eine Süße, dann kommt richtig viel Trockenheit mit Trockenpflaume und ordentlich Holz. Dann, ok, spinne ich? Ich habe etwas Rauch. Aber das kommt wohl eher aus den Fässern, als das hier wirklich rauchiger Whisky im Spiel ist (dafür gibt es ja Ballechin). Eine Wucht, ich brauche Wasser!
/mit Wasser: Ich habe einen guten Spritzer Wasser hinzugefügt, vielleicht lande ich so bei 48-50%. Der Whisky wird ungleich weicher, harmonischer und wirkt weniger zornig. Die Süße des Sauterne-Fasses kommt jetzt auch gegen die immense Trockenheit an. Vanille und Likörwein kommen hervor, Honig auch ein wenig. Dann erst kommen die trockenen Noten erneut auf. Das ist aber gut so und bildet einen schönen Kontrast.
Abgang: Der Abgang schiebt weiter an. Alkohol, raue Kraft und trockene Eiche. Schlagt mich, aber ich habe noch immer ein wenig holzig-rauchige Assoziationen.
mit Wasser: Der Abgang verliert durch die Zugabe von Wasser zum Glück nicht. Er bleibt holzig (und ich habe noch immer einen Hauch Rauch), eher bitter mit Anklängen von Kakao.
Abschließende Gedanken: Edradour war lange ein "no-no" für mich. Dann habe ich die Brennerei letztes Jahr besucht und bin ihr verfallen. Mit einem Whisky wie diesem "Cuvee" aus zwei Fässern zeigt Andrew Symington mal wieder, dass er kreativ, frech und spannend abfüllt. Für mich keine "glatte 1", denn dazu ist mir ohne Wasser zu viel Dampf auf dem Kessel. Andere werden den Whisky genau dafür lieben. Zum Glück habe ich einen Wasserhahn im Haus, denn damit wird dieser Malt auch für mich zu einem der ganz Großen!
Malt Moment: Die Sonne scheint, es regnet. Stürmisch, durcheinander, ein wenig Wasser schadet aber nie!
Zusammenfassung:
Kategorie: Scotch Single Malt Whisky
Destille: Edradour
Region: Highlands
Preis: 51-100€ (~75€)
55,9%
Kältefiltration: nein
mit Farbstoff: nein
Gelagert in: Oloroso & Sauternes Casks (#81 & #171
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