Für unseren zweiten Tasting Flight haben wir uns Flaschen ausgesucht, die leider nicht jeder bekommen kann. Bei allen drei Abfüllungen handelt es sich um Flaschen aus dem Hause der The Scotch Malt Whisky Society. Die Society füllt als unabhängiger Abfüller selbst Whisky zu eigenen Bedingungen ab, dabei handelt es sich aber (fast) immer um Einzelfässer, welche ungefärbt, nicht kühl gefiltert und ohne Farbstoff abgefüllt werden. Die Ausnahme sind bisher nur 4 Blends, die erschienen sind und eine handvoll anderer Spirituosen. Dabei werden die Brennereien nicht offensichtlich auf dem Etikett genannt, sondern ein System aus Zahlen verwendet. Auf jedem Etikett findet Ihr eine Zahlenkombination, die z.B. so aussieht " ". Dabei steht die erste Zahl für die Brennerei, in diesem Falle Glen Moray und die zweite Zahl für das abgefüllte Fass. Es wurden also schon XXXX Fässer von Glen Moray durch die Society abgefüllt. Warum man dieses Vorgehen gewählt hat ist recht einfach: Bei der Society soll der Charakter und der Geschmack des Whiskys im Vordergrund stehen. Man möchte jegliche Ablenkung durch vermeintliches Vorwissen vermeiden und gibt daher nur ein Aromenprofil, heute also "Sweet, fruity and mellow" an und denkt sich einen Namen für die Abfüllung aus. Die Brennerei ist zwar ermittelbar, aber soll nicht im Vordergrund stehen! Pro Monat erscheinen bei der Society 40 neue Einzelfässer, welche als sogenannter Outturn herausgebracht werden. Noch dazu veranstaltet der Abfüller auch Tastings und weitere Veranstaltungen und besitzt auch eigene Räumlichkeiten in Edinburgh. Leider muss man allerdings Mitglied werden, um Flaschen kaufen zu können. Eine Mitgliedschaft kostet im ersten Jahr z.B. 110 Pfund, zusammen mit einer ersten Abfüllung. Die Verlängerung der Mitgliedschaft ist dann mit 60 Pfund etwas günstiger. Momentan bin ich im ersten Jahr und mache auch eine YouTube Serie, ob sich die Mitgliedschaft lohnt. Die entsprechende Playlist verlinke ich euch ganz unten!
Die Auswahl für das heutige Tasting wurde durch das Aromenprofil bestimmt. Natürlich gibt es hier Möglichkeiten das Tasting auch anders aufzubauen, z.B. eine Reise durch die verschiedenen Aromenprofile zu machen, wie es auch meist auf den Outturn Tastings der Fall ist. Wir wollten aber eher den Vertical Gedanken weiterführen und beschäftigen uns zwar heute mit verschiedenen Brennereien, bleiben aber einem Geschmacksprofil treu. Die Alternativen wären natürlich zahlreich, aktuell gäbe es z.B. den 63.51 "Perfumed and Luxurious" oder den 18 Jahre alten 121.102 "A fruity fruition" zur Auswahl. Nun, irgendwie muss man sich ja entscheiden und die drei heute vorgestellten Whiskys klangen einfach sehr lecker.
Die Reihenfolge heute orientiert sich an drei bekannten Faktoren: Alkoholstärke, Alter und Rauchigkeit. Den Anfang macht der Inchmurrin 112.29 "A little glass of fascination". Dieser aus der Loch Lomond Brennerei stammende Whisky ist nicht rauchig und hat mit 53,3% eine eher geringe Alkoholstärke (im Vergleich zu den anderen. Danach kommt mit dem Glen Moray 35.217 "Sunshine glow of tropical fruits" ein etwas älterer Whisky in unser Glas, der dabei auch 0,2% mehr Alkohol hat. Er verspricht also etwas kräftiger zu sein und sollte somit hinter den Inchmurrin gestellt werden. Den Abschluss macht ein Inchmoan, also wieder ein Whisky von Loch Lomond. Der 135.7 "Yoghurt and fruit candies" ist ein leicht rauchiger Whisky und kommt somit, trotz des niedrigen Alters ans Ende. Auch im Alkoholgehalt steigern wir uns hier auf 58,2%.
Kategorie: Scotch Single Malt
Destille: Loch Lomond / Inchmurrin
Region: Highlands
Preis: ca. 65€
Alter: 15 Jahre (2002-2018)
53,3%
Kältefiltration: Nein
mit Farbstoff: Nein
Fasstyp: 1st Fill Ex-Bourbon Hogshead
Fassnummer: 112.29
Abfüller: The Scotch Malt Whisky Society
Kategorie: Scotch Single Malt
Destille: Glen Moray
Region: Speyside
Preis: ca. 75€
Alter: 18 Jahre (1999-2018)
53,5%
Kältefiltration: Nein
mit Farbstoff: Nein
Fasstyp: 1st Fill Ex-Bourbon Barrel
Fassnummer: 35.217
Abfüller: The Scotch Malt Whisky Society
Kategorie: Scotch Single Malt
Destille: Loch Lomond / Inchmoan
Region: Highlands
Preis: ca. 70€
Alter: 10 Jahre (2007-2018)
58,2%
Kältefiltration: Nein
mit Farbstoff: Nein
Fasstyp: 2nd Fill Ex-Bourbon Hogshead
Fassnummer: 135.7
Abfüller: The Scotch Malt Whisky Society
Aroma: Direkt eine tolle Fruchtnote und insgesamt sehr angenehm - kein Brennen, kein Prickeln. Ich rieche reife Pfirsiche, Vanilleschoten, etwas Karamell. Nach einiger Zeit (15 Minuten oder mehr) kommen deutliche Weintraubenaromen hervor.
Geschmack: Hier geht es richtig rund! Süß, fruchtig, sehr angenehm vom Mundgefühl her. Ananas, Pfirsich, ein Hauch Zuckerwatte und / oder helles Karamell. Mit Wasser kommen Nektarinen hervor. Mit den 14 Jahren Alter schwingt auch ein angenehmer Hauch Eiche mit, der einen schönen Konterpunkt zur Süße gibt.
Abgang: Leider ist der relativ kurz geraten, maximal mittellang. Anfangs kurz "spitz", also mit einem kleinen Biss Alkohol, dann aber wieder fruchtig und mit der schönen Säure von Ananas.
Abschließende Gedanken: An einem Abend, an dem mir nicht jeder Whisky zugesagt hat, hatte dieser Inchmurrin leichtes Spiel! Ein toller Whisky für alle, die auf die eher süßen, aber nicht übertrieben süßen Malts stehen. Die Fassstärke gibt natürlich die entsprechende Kraft, die Eiche hält sich vornehm zurück. Lediglich der Abgang war mir etwas zu kurz.
Aroma: Lieblich, angenehm und doch leicht kräuterig. Dazu kommen nur im Hintergrund gezuckerte tropische Früchte wie z.B. Papaya, Ananas und Mango. Dazu eine leichte Karamellnote. Dazu kommen auch getreidigere Aromen wie Haferkekse und leicht holzige Aromen.
Geschmack: Im Geschmack kommt eine sehr aromatische Holznote durch. Nicht so herb und kräftig wie Eichenaromen, eher feines Sandelholz. Dazu nimmt die Kräuternote zu und baut
sich zum Ende hin zu einer doch deutlichen Eichennote auf. Die Südfrüchte kommen vor allem bei der Zugabe mit Wasser deutlich zu, hier gehen die herberen Aromen in den Hintergrund.
Abgang: Der Abgang ist schon sehr kräftig. Eiche, Bitterstoffe und Gewürze / Kräuter übernehmen wieder deutlich. Ingwer, Thymian und Rosmarin kommen hinzu.
Abschließende Gedanken: Wer holzig-kräftige Whiskys mag, wird diesen hier wahrscheinlich lieben. Die Eiche spielt eine große Rolle, nimmt den tropischen Früchten aber nicht den kompletten Raum ab. Süß und herb gleichzeitig!
Aroma: Der erste Eindruck ist eine fast schon künstliche Bananennote. Dazu kommt dann die Rauchnote, welche wahrnehmbar aber nicht zu stark ist. Dazu kommt diese seltsame Joghurtnote, welche ganz stark an die bekannten Süßigkeiten erinnert. Die Fruchtigkeit ist dabei sehr künstlich und geht einmal durch die komplette Bandbreite des Gummibären-Regenbogens.
Geschmack: Im Geschmack fangen die Früchte an etwas zu gären und verbinden sich dadurch schön mit der Rauchigkeit. Die Früchte sind dabei im Geschmack am präsentesten: Erdbeere, Banane und Mango sind dabei. Der Whisky ist aber, durch sein Alter, auch noch etwas spritziger
Abgang: Der Rauch übernimmt im Abgang die Hauptrolle. Dabei ist es eine sehr eigene Rauchnote, denn Kamin oder Speck sucht man hier eher vergebens. Der Rauch ist eher auf der trockenen Seite.
Abschließende Gedanken: Wir sagen es auch im Video: Die Verkostungsnotizen lesen sich vielleicht simpel und nicht wirklich harmonisch, aber beides könnte nicht weiter von der Wahrheit liegen. Dieser Inchmoan ist ein seltsamer Whisky, denn trotz der Kontraste gibt es am Ende ein stimmiges Gesamtbild. Ja, er ist nicht der Älteste und er hat eine gewisse Spritzigkeit inne. Aber insgesamt ist das eine runde Sache, schon fast etwas zu süffig.
Die The Scotch Malt Whisky Society scheint mir manchmal etwas zu polarisieren. Die einen, meistens selbst Mitglieder, loben die Qualität der Abfüllungen, die Konstanz der Qualität und auch die Herangehensweise. Andere sehen die Society wohl eher als Ansammlung von Whiskynerds, die nach außen vielleicht etwas hochnäsig wirken können. In diesem Tasting geht es aber darum die Qualität festzustellen und da kann man festhalten: Hier wird geliefert. Alle verkosteten Abfüllungen sind spannende Whiskys, die uns wirklich gut geschmeckt haben. Vor allem der "A little glass of fascination" hat es mir angetan. Diese unglaublichen Fruchtaromen sind nur schwer in Whisky zu finden. Aber auch die anderen beiden konnten überzeugen. Wo findet man schon mal Yoghurt im Whisky? Hier auf jeden Fall!
Ob sich eine Mitgliedschaft bei der Society lohnt muss nun jeder selbst wissen. Ich bin gerade dabei es herauszufinden und lass euch an dieser Reise teilhaben. Gerne könnt Ihr die Playlist bei YouTube durchschauen und sehen, wie es mir seit Februar 2018 als Societymitglied so ergeht.