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Whisky Review #6: Talisker - 57°North "A Dr(e)am of Sea

"A Dr(e)am of Sea" mag einigen von euch zunächst als komischer Blogname vorkommen. Dann hat der eine oder andere vielleicht mal auf die rechte Seite geschaut und gesehen: Der Junge kommt aus Kiel. Das mit der See liegt nicht allzu fern, ok. Natürlich handelt es sich dabei um ein flaches Wortspiel, aber man muss sich am Anfang halt einen Namen ausdenken. Für mich zeigt sich hier die Verbindung meiner Herkunft, die Ostsee ist zwar nicht der Atlantik, hat aber auch seine rauen Seiten. Die See zeigt für mich auch die Weite und ein wenig die Sehnsucht etwas anderes kennen zu lernen. Und genau diese Aspekte faszinieren mich auch am Whisky: das Erkunden, Herausfinden und auch bilden eines eigenen Charakters. Man möge mir also das billige Dram/Dream-Wortspiel daher verzeihen. Heute kommen wir also zu einem namens gebenden Eintrag. Lasst uns gemeinsam herausfinden, ob Talisker ein "Traum von der See" ist... obwohl sie es etwas anders formulieren:

"Made by the Sea" ist der Werbeslogan von Talisker. Die Destille ist die bisher einzige auf der Insel Skye und liegt damit wirklich recht nah am rauen Atlantik (wobei Talisker selbst einigermaßen geschützt am Loch Harport liegt). Lassen wir dem Besitzer Diageo diesen Werbespruch also erst einmal durchgehen. Die weiteren Rahmendaten sind schnell abgehandelt: Talisker produziert ca. 2 Millionen Liter reinen Alkohol im Jahr, gehört zu den "Classic Malts" und ist bekannt für seinen Chili Catch, also eine pfeffrige Geschmacksnote. Gegründet wurde Talisker 1831 und gehört seit 2002 zu Diageo und ist somit Teil eines "Global Players" mit Marken wie Smirnoff, Guiness, Johnny Walker und vielen, vielen, vielen Weiteren. Ach ja, Talisker füllt fast alle seine Malts mit 45,8% ab. Ein etwas seltsamer Wert aber immerhin nahe an 46%, und darüber wollen wir uns hier sicher nicht beschweren. 

 

So viel zu der Herkunft des Destillats. Letzten Sonntag gab es endlich mal wieder etwas Zeit für die (kleine) Familie. Das Wetter sah morgens eigentlich ganz gut aus. Für Kiel stellt das im November doch eher eine Ausnahme dar. Also schnell den Mantel (... die Handschuhe, den Schal ...) gepackt und ab ans Wasser. Nur einige Kilometer außerhalb der Stand zeigt sich die wahre Schönheit Kiels. Die Stadt an sich wurde im 2. Weltkrieg ziemlich stark zerstört, es finden sich daher überwiegend "Prachtbauten" aus den 60er und 70er Jahren in der Innenstadt. Ich will damit nicht sagen, dass es nicht auch zentral schöne Ecken gibt, aber die angesprochene wahre Schönheit ist das Umland. Einige Minuten entfernt am östlichen Ufer der Kieler Förde liegt das touristisch ziemlich erschlossene Laboe, nichts für uns an diesem Tag. Nur einen Katzensprung weiter kommt das Örtchen Stein. Weniger überlaufen und schon eher an der Ostsee als an der Förde gelegen. Dort angekommen ging es auf einen ausgiebigen Spaziergang entlang des Strandes und der Steilküste, mächtig Wind inklusive. Manchmal ist es doch schwer vorstellbar wie kalt 2°C gefühlt sein können. Zum Glück hatte ich ein wärmendes Getränk dabei. Ich habe mich, während ich  die Fotos gemacht habe, ein wenig an den 57 Prozenten des Taliskers erfreut. Wärmen von innen ist an einem solchen Tag doch am besten! Dazu aber mehr im "Gesamteindruck". Nach dem Erledigen der "Blog-Hausaufgaben" waren meine Hände allerdings kaum mehr zu gebrauchen. Kennt ihr das, wenn ihr vor Kälte kaum noch die Finger bewegen könnt? Dieser Fall trat hier doch sehr deutlich ein. Zum Abschluss des Ausflugs ging es daher noch in ein nahe liegendes Cafe zum aufwärmen bei Kaffee und Kuchen. Insgesamt also ein rundum gelungenes Unterfangen: Natur, Wind, Wasser, Kaffee, Kuchen und Talisker. Was will ein Nordlicht wie ich da mehr? Stimmt, zum Glück war meine bessere Hälfte auch dabei!

Jetzt aber zu meinem treuen alkoholischen Begleiter des Tages:

 

Der Talisker 57°North entstammt aus der Standard-Range der Brennerei. Leider bringt Talisker viele Abfüllungen ohne Altersangabe auf den Markt. Regulär gibt es einen 10 jährigen und einen 18er, dazu noch die "Distiller's Edition", welche jeweils einen Jahrgang angibt. Es gibt zwar noch limitierte ältere Abfüllungen (25, 30 Jahre), aber diese sind selten und teuer. 

Häufig wird gesagt, dass der 57°North die Fassstärke von Talisker ist. So ganz will ich das nicht glauben, wahrscheinlich muss schon ein wenig Feintuning am Alkoholgehalt vorgenommen werden. Der Name bezieht sich im Übrigen auf den nördlichen Breitengrad an dem die Brennerei gelegen ist. Jetzt können wir dann aber auch verkosten. 

 

Nase: Süßer Rauch zusammen mit fruchtiger Süße. "herzhaft", leicht salzig. Später kommen Lakritze hinzu. Ein sehr guter Anfang!

 

Geschmack: Voll und dabei erstaunlich weich! Mild, fruchtig und süß. Der Alkohol ist kaum zu schmecken. Nach einiger Zeit kommt der Rauch hinzu, Würze und erst am Ende der "Chili Catch".

 

Finish: Lang, trockener werdend. Leicht holzig, Bitterkeit. Trockener Rauch ("Lagerfeuer am Strand"); der Rauch wird dabei aber nicht zu stark, sondern bildet nur eine zusätzliche Note!

 

/insgesamt mit Wasser: Wasser fördert im Geschmack zunächst die Süße, dann kommt aber eine recht starke Bitterkeit. Der Rauch wird dominanter. Auch im Finish setzt sich der Rauch stärker durch, insgesamt wird er eher ruppiger als milder! Ich trinke ihn lieber pur!

 

Gesamteindruck: Oh man, bin ich froh diesen Whisky mitgenommen zu haben. Talisker gefällt mir, nach einigen Jahren der Abstinenz, wieder richtig gut. "Made by the Sea" kann man an einem kalten Strandtag wirklich unterstreichen. Der 57°North hat eine raue Seite, er ist stürmisch und ungezähmt, stark und kräftig im Geschmack. Aber hinter all dem versteckt er seine ruhige Seite nicht. Er ist dabei auch erstaunlich mild, mit 57% überraschend gut trinkbar und (an diesem Tag) wunderbar wärmend ohne zu brennen. In wenigen Worten: A Dram of Sea.

 

Category: Single Malt Whisky

Distillery: Talisker (Islands / Skye)

Price: 51 - 100 € (~55€ in Germany)

57% 

 

Finale Bewertung: 6/7

 

(Insgesamt einfach ein toller Whisky. Man kann sich lange Zeit mit ihm beschäftigen, es gibt ständig neues zu entdecken. Natürlich wäre eine Altersangabe schön, aber solange der Whisky schmeckt braucht man nicht unbedingt darüber zu meckern. Vor allem, da der Preis doch recht fair ist!)

 

Slainte!

M.

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