Schon lange keim Tomatin mehr auf A Dr(e)am of Sea! Ja, ich habe es gehört. Ja, ich habe noch einen im Schrank. Ja, der kommt heute in der Verkostung vor, denn heute gibt es doch eine
Seltenheit: Eine Originalabfüllung, die ausschließlich in Rumfässern gelagert wurde!
Tomatin 2007 / 2016 - Caribbean Rum Cask.
Exotenfässer - Eine Alternative zum Sherry?
Die Whiskyindustrie hat ein Problem: Wir trinken zu wenig Sherry! Auf den ersten Blick scheint das natürlich eher ein Vorteil für den Whisky zu sein, immerhin scheint er doch mehr Anklang zu finden. Aber schon auf den zweiten, sich auch aufdrängenden Blick, wird das Problem deutlich: Whisky kann sehr gut in Sherryfässern lagern und wenn kein Sherry mehr nachgefragt wird, dann gibt es auch das entsprechende Fass nicht mehr.
Und der Rückgang ist durchaus nicht unbeträchtlich. Der Branchendienst "Mercurio Drinks" zeigt z.B., dass der Import von Sherry nach Deutschland von gut 5,3 Mio. Liter im Jahr 2010 auf etwas über 2,5 Mio. Liter 2015 zusammengebrochen ist (Quelle). Ein Rückgang von 50% in nur 5 Jahren. Sherryfässer werden also rarer und damit vor allem teurer.
Einige Whiskyproduzenten haben diesen Trend schon lange erkannt und pflegen gute Beziehungen nach Spanien, bzw. haben dort Bodegas gekauft um diese im eigenen Konzern besser verwenden zu können. So hat z.B. Emperador, denen auch die Brennerei Dalmore gehört, erst 2015 275 Mio. Euro auf den Tisch gelegt um an ein entsprechendes Portfolio zu kommen (Quelle).
Andere gehen neue Wege: Finishes und Exotenfässer nehmen weiter zu. Doch was ist eigentlich dieses "Exotenfass"?
"Exotenfass" - Sammelbegriff für alles und nichts
Der Begriff "Exotenfass" ist eigentlich ein Sammelbegriff, unter dem jeder verstehen kann, was er oder sie möchte. Generell kann man aber alles an Fass darunter zusammenfassen, was eben nicht Ex-Bourbon oder Ex-Sherry ist, also:
- Weinfässer der klassischen Weine: Rotwein & Weißwein
- Frische Eichenfässer (Virgin Oak)
- Spezielle Eichentypen, z.B. Schwedische Eiche
- Süßweine (z.B. Amarone)
- Rumfässer
- und ganz seltene Fässer wie z.B. "Sparkling Wine".
Bestimmt ist diese Auflistung unvollständig, aber ihr bekommt einen guten Eindruck.
Vor allem unabhängige Abfüller sind seit ein paar Jahren sehr experimentierfreudig, was das Fass angeht. Gordon & MacPhail bietet mittlerweile eine ganze Reihe an Weinfass gelagerten Abfüllungen an und auch kleine Abfüller verwenden diese Lagermethode gerne. Die Begründung? Nun, ich kann mir vorstellen, dass dieses Konzept in kleineren Auflagen einfacher zu handhaben ist. Vielleicht liegt es aber auch einfach daran, dass die Brennereien ihre guten Sherryfässer ungern rausrücken. Versteht mich nicht falsch, auch bei den Unabhängigen gibt es noch jede Menge Abfüllungen aus tollen Sherryfässern, aber ein Preisanstieg in den letzten Jahren lässt sich nicht verleugnen.
Tomatin Caribbean Rum Cask
Der heutige Whisky ist so gesehen schon eine Rarität, denn er stammt aus dem Originalportfolio einer großen Brennerei. Noch dazu wurde der 2007 Caribbean Rum ausschließlich im Rumfass gelagert, es handelt sich also nicht um ein Finish UND er wurde mit einstelliger Altersangabe von 9 Jahren auf den Markt gebracht. Ich finde, dass man alleine für diese Umstände Tomatin kurz applaudieren sollte. Neben dem GlenDronach 8 Jahre sind mir nämlich nicht viele Whiskys bekannt, die so jung von Brennereien unter dem offiziellen Label rausgebracht werden. Allerdings handelt es sich beim Caribbean Cask auch um eine limitierte Edition, welche mittlerweile nicht mehr ganz so einfach zu bekommen ist. Der Hype um die Abfüllung ist also vorbei, gerade rechtzeitig, dass ich sie endlich besprechen kann! Los geht's!
Tomatin 2007 / 2016 - Caribbean Rum Cask - Verkostungsnotizen
Über den Whisky: Der Tomatin Caribbean Rum Cask erschien 2016 in einer limitierten Auflage. Er wurde nicht gefärbt oder gefiltert und mit 46% Alkoholgehalt abgefüllt.
Aroma: Sofort kommt mir der Rum in die Nase. Der Geruch von Melasse erinnert mich immer an die Führung in einer Rum-Brennerei vor einigen Jahren. Die Süße ist fast drückend, schwer, so wie eine überreife Ananas. Dazu kommt aber auch eine eher leichtere Malznote und durchaus auch etwas Getreide. Ergänzt wird die Süße durch etwas Vanille und auch die Tomatin typische Walnuss erscheint. Schön, dass das Fass nicht komplett dominiert!
Geschmack: Süßlich stechend, auch hier die Assoziation an Ananas, allerdings nicht der eigentliche Geschmack. Überraschend starke alkoholische Kraft, etwas ungestüm liegt der Whisky auf der Zunge. Das junge Alter merkt man jetzt schon. Dazu wieder würzige Nuss und ein stärker werdendes Rumfass. Insgesamt aber auch irgendwie zurückhaltend, ein wenig "angezogene Handbremse". Zum Abschluss kommt eine stumpfe Getreidenote.
Abgang: Ein schönes Wechselspiel aus Süße und Säure. Fast erreicht der Whisky das Niveau von Zitrusfrucht, dazu bittere Holznoten. Eine Erinnerung an frisch geknackte Walnüsse verbleibt erstaunlich lang auf der Zunge.
Abschließende Gedanken: Dieses Rumfass (oder eher Fässer) hat erstaunlich gute Arbeit geleistet. Der Rum ist definitiv dominant, ohne allerdings die Brennereinote komplett zu überdecken. Vor allem das Aroma und der Abgang gefallen mir gut. Im Geschmack gibt es ein paar Abzüge für das doch zu verspürende Alter.
Kategorie: Single Malt Whisky
Destille: Tomatin
Region: Highlands
Preis: 51-100€ (~55€)
46%
Kältefiltration: Nein
mit Farbstoff: Nein
Mehr Informationen:
Abschließende Bewertung: 5/7
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