Ihr habt auf Facebook entschieden: Die heutige Besprechung dreht sich um meinen Besuch in der Brennerei Dalwhinnie Ende Juli diesen Jahres. Die Brennerei liegt in der Region Highlands und ist die höchst gelegene Destille in ganz Schottland. Dennoch ist ihr Whisky eher mild als rau. Wie mein Besuch vor Ort abgelaufen ist, und warum ich eher andere Brennereien empfehlen würde, das gibt es heute in der Besprechung!
Dalwhinnie - In den Highlands ...?
Zunächst einmal müssen wir über die Region der Brennerei sprechen. Eigentlich liegt Dalwhinnie, nach den Regeln der Scotch Whisky Association, noch in der Speyside. Wenn Ihr allerdings eine Flasche in die Hand nehmt, werdet Ihr sehen, dass dort "Highlands" vermerkt ist. Dalwhinnie vertritt auch in der Classic Malts Serie von Diageo die Highlands. Man könnte jetzt darüber streiten, was denn nun richtig ist und die Argumente könnten divers sein: Für mich ist das Destillat relativ mild und leicht (Speyside), allerdings liegt die Brennerei nun wirklich in den Highlands und das Klima spricht nun eben für diese Region. Was soll man da machen? Im Endeffekt ist es ja auch nicht so wichtig...
Einen kurzen Abriss der Geschichte der Brennerei möchte ich euch auch heute nicht verwehren. Dalwhinnie wurde 1897 gegründet. Der Ort, an dem die Brennerei gebaut wurde, ist dabei vor allem strategisch gewählt, liegt er doch an der Verbindungsbahnstrecke von Inverness und dem Süden Schottlands. Auch die Verbindung an die Ostküste des Landes zweigt an dieser Stelle ab. Obwohl Dalwhinnie also extrem hoch liegt, ist die Brennerei nicht gerade abgelegen. Die weitere Geschichte der Brennerei ist eigentlich wenig interessant: Wie so oft waren die ersten Besitzer nicht gerade erfolgreich und die Brennerei wechselte mehrfach die Besitzer. Seit 1926 war sie im Besitz von DCL, aus denen heutzutage Diageo geworden ist. Im Jahr 1988 wurde Dalwhinnie zum Vertreter für die Highlands in der Classic Malt Serie ernannt. Aktuell gibt es den Standard 15 Jahre, die Distillers Edition und Winter's Gold.
Die Tour bei Dalwhinnie
Bevor ich weiterspreche (schreibe), möchte ich noch eine Sache loswerden: Meine Erfahrung mit der Tour bei Dalwhinnie war nicht gerade positiv, dazu gleich mehr. Aber: Damit will ich nicht sagen, dass die Mitarbeiter der Brennerei nicht ebenso stolz sind auf ihr Produkt, wie andere Menschen auch. Unser Vermieter der Ferienwohnung arbeitet bei Dalwhinnie und war sehr stolz auf diesen Beruf und dies war ihm anzumerken. Dennoch war die Tour, nun ja, nicht auf dem Niveau von anderen Besichtigungen.
Unsere Tour bei Dalwhinnie hatte ich schon vor Urlaubsantritt gebucht, immerhin war die Brennerei nur einige Kilometer entfernt. Um auch meine bessere Hälfte für die Besichtigung zu gewinnen habe ich daher Dalwhinnie angeschrieben und die "Whisky & Chocolate" Version der Tour gebucht. Eine Tour der Brennerei mit anschließender Verkostung von 6 Whiskys und Schokoladen. Dazu später mehr.
Spulen wir vor zur eigentlichen Besichtigung: Der Empfang war sehr freundlich, wenn auch etwas knapp, denn es war ziemlich viel los. Meine Buchung wurde rausgesucht und ich bezahlte. 24 Pfund? Moment, eigentlich waren es doch 24 Pfund pro Person... Von unserem Gastgeber hatte ich außerdem zwei Gutscheine für ein Tasting erhalten, diese sollte ich nach der Tour als Drivers Kit abholen. Die Sache mit der Schokolade bei der Tour? Ja, das sei bei der Tour dabei.
Liest sich verwirrend? War es für mich auch. Sollte die Whisky & Chocolate Tour jetzt nur noch 12 Pfund kosten? Ich war mir nicht so sicher, aber die Tour ging los. "Kann man ja auch später klären", dachte ich mir.
Unsere Guide führte uns aus dem schön gestalteten Visitor Center über den Parkplatz ins Hauptgebäude der Brennerei. Ab diesem Zeitpunkt ging es dann leider bergab. Direkt nach der Begrüßung die klare Ansage: Keine Fotos, nirgendwo ("Welcome to Dalwhinnie, the most important thing first: no photos. No, no, no."). Kennt man ja von größeren Brennereien, dennoch sehr schade. Als zweite Ansage kam: Die Tour dauert ungefähr eine Stunde, aber ich schaffe es meistens in 45 Minuten. "Toll! Nimm' dir bloss keine Zeit für uns!" Unsere Guide führte uns dann durch die Zutaten für Single Malt und erzählte ein wenig über das Mälzen und die Bedeutung von Getreide. Leider merkten wir schon zu diesen Zeitpunkt, dass es eher ein abhaken von Stichpunkten war: "Malted Barley. Yes, the Barley ..." Jeweils zu Beginn eines Absatzes wurde der entsprechende Punkt benannt und dann abgearbeitet.
Zum Ende dieser Station wurde dann noch gesagt, dass Dalwhinnie leicht rauchig sei, aber nicht so rauchig wie Islay Whiskys. Ich musste mich da kurz am Kopf kratzen.
Auf dem Weg von Maischbottich zu Brennblasen hakte ich also bei unserer Führerin nach und fragte, was denn der Zielwert auch Rauchigkeit in Dalwhinnie wäre. Die Antwort: Das würde wohl in PPM gemessen, aber sie sei nur ein kleiner Guide und sowas würde man ihr nicht sagen. Schade, dass sie dann nicht nachfragt.
Der Rest der Tour folgte dem üblichen Schema: Die Brennblasen seien besonders, keiner könne so destillieren wie Dalwhinnie und alle Unterschiede in der Produktion würden sich auch auf das fertige Produkt auswirken.
Von den Stills ging es dann wieder über den Parkplatz ins Lagerhaus. Zu den Worm Tubs von Dalwhinnie, welche im Freien sind und bei den kalten Temperaturen zu einer schnellen Abkühlung führen, leider kein Wort...
Im Lagerhaus ging es dann weiter mit dem Üblichen: Holz sei sehr wichtig bei der Herstellung von Whisky, Dalwhinnie nutze vor allem Ex-Bourbonfässer um den Brennereicharakter nicht zu überlagern, Whisky darf nicht über 43% abgefüllt werden auf Grund von Exportgesetzen und New Make (an dem wir riechen durften) schmecke überall gleich und sei sehr scharf und nicht sehr angenehm zu trinken.
Moment! Was?
Ja, uns wurde wirklich gesagt, dass man Whisky niemals über 43% abfüllen darf! Traurig, da die aktuelle Distillery Only Abfüllung mit 48% im Shop stand. Woher diese Information kam, kann ich natürlich nicht sagen. Schade auch, dass der New Make so wenig wertgeschätzt wurde. Eine halbe Stunde vorher wurde uns gesagt, dass jeder Teil der Produktion sich auf das Produkt auswirke und nun schmeckt angebliche jeder New Make gleich und dabei auch noch furchtbar? Meine Freundin flüsterte mir an dieser Stelle ins Ohr: "Ich glaube, das könnte ich mittlerweile besser." Recht hatte sie.
Dann kam das Tasting. Ein kleiner Dram (~1cl) Dalwhinnie Winter's Gold für jeden und dazu, falls gewünscht ein Stück Schokolade. "Einfach mal probieren" war die Ansage. Auf Wunsch konnte auch noch die aktuelle Distillers Edition probiert werden. Danach ging es ins Visitor Center und die Tour war beendet.
Ich fragte also nach, wie das mit dem Whisky & Chocolate Teil sei, den hätte ich ja im Voraus gebucht. Die Antwort war leider: "Dies ist die letzte Tour des Tages, da bieten wir dieses Tasting nicht an." Schön, immerhin musste ich es nicht bezahlen. Den Distillery Only konnte ich dann auch nicht mehr probieren, die Bar hatte geschlossen.
Immerhin komme ich jetzt in den Genuss des eigentlichen Tastings, denn die Gutscheine unseres Vermieters waren genau für das Whisky & Chocolate Tasting. Glück im Unglück.
Fazit: Höhenluft?
Um unsere Tour zu bewerten möchte ich von zwei Perspektiven vorgehen und dabei mit meiner persönlichen starten:
Ich war von der Tour extrem enttäuscht. Die im voraus gebuchte Option des Tastings wurde vergessen / nicht weitergegeben und wurde mir nur durch einen Zufall zuteil. Die Tour an sich war lieblos gemacht, gehetzt, wenig informativ und am schlimmsten: Gefüllt mit falschen Informationen! Nicht jeder New Make schmeckt gleich und über diese komische Gesetzgebung müssen wir gar nicht sprechen. Hier war wohl etwas Höhenluft (oder schlechtes Auswendiglernen) im Spiel. Der Preis war mit 12 Pfund dann auch noch ziemlich hoch und die ausgeschenkten Drams knauserig. Also ich kann euch eine Tour bei Dalwhinnie nicht empfehlen! Fahrt lieber zu Edradour oder zu wohl jeder anderen Destille!
Meine Meinung gilt es aber ein wenig einzuschränken, denn es waren zwei Deutsche mit auf der Tour, die zum ersten Mal eine Destille besichtigt hatten. Wir sind ein wenig ins Gespräch gekommen und beide waren begeistert! "Die Handarbeit! Die Produktion! Die Fässer! Der Geschmack!"
Wenn man also als unbeschriebenes Blatt kommt, dann bietet diese Tour wohl einen guten Einstieg. Allerdings finde ich die Fehlinformationen daher noch weniger verzeihlich!
Gut, genug gemeckert. Schauen wir mal, ob das Pairing wenigstens überzeugt!
Whisky & Chocolate Pairing
Seid vorweg gewarnt: Ich bin eigentlich kein großer Freund von Pairings. Bisher war ich zumindest der Meinung, dass die Schokolade den Whisky zu bitter erscheinen lässt. Andere hingegen mögen diese Aromenkombinationen. Bitte bedenkt diesen Umstand bei der heutigen Lektüre!
Hier also das Line Up des Tastings:
- Glenkinchie 12 Jahre & Lemongrass Truffle
- Dalwhinnie 15 Jahre & Milk Velvet Truffle
- Cragganmore 12 Jahre & Nigerian Ginger Truffle
- Oban 14 Jahre & Assam Tea & Green Cardamom Truffle
- Talisker 10 Jahre & Raspberry & Black Pepper Truffle
- Lagavulin 16 Jahre & Cinnamon & Clove Praline.
Auch wenn es heute bei der Brennereiführung um Dalwhinnie geht, habe ich mich dazu entschlossen, dass ich den Oban 14 Jahre mit der Assam Tee & Kardamom Praline bespreche. Die Kombination fand ich einfach am spannendsten.
Aroma:
Praline: Ja, ich habe einfach mal an der Praline geschnuppert! Diese orientalische Würze des Kardamom kommt dabei sehr gut zur Geltung, zusammen mit der süßen Schokolade. Eine gelungene Kombination!
Oban 14 Jahre: Überraschend süß, fruchtig und angenehm leicht. Ich sitze bei knapp über 20 Grad auf der Terrasse und dieser Whisky passt. Etwas Pfirsich und Nektarine, Vanilleschote oder Vanillezucker, ein wenig Würze und eine leichte Meeresbriese. Dazu ein wenig blumig, leicht floral.
Geschmack:
Praline: Die Praline ist aus einer hellen Vollmilchschokolade und schmilzt zart auf der Zunge. Die Süße ist dabei zunächst gar nicht im Vordergrund, das übernimmt der Kardamom. Hinzu kommt wirklich ein wenig Teearoma, welches mit der süßen Milchschokolade an einen Frühtückstee erinnert. Nur eben ein wenig pfiffiger und orientalisch angehaucht. Sehr lecker!
Oban 14 Jahre: Der Geschmack ist kräftiger als es die Nase vermuten lässt. Zunächst süß und sauer, dann kräftiger werdend, etwas "fleischig", wie man es sonst von Mortlach kennt. Ein rauer Tag am Strand mit Seebriese und gischt. Dazu aber auch ein Stück Obstkuchen (nur leicht überspült)! Zum Abgang hin kommen noch würzige Eichenaromen hinzu.
Abgang:
Praline: Süß und klebrig. ;)
Oban 14 Jahre: Nur mittellang. Der Whisky rinnt relativ schnell den Rachen hinunter, verbleibt aber dennoch noch etwas im Mund. Er zeichnet sich dabei durch eine kräftige Würze mit etwas Pfeffer aus. Auch holzige Aromen verbleiben eine Weile.
Nun zum Kern der Sache: Das Zusammenspiel!
Ich nehme ein wenig Schokolade in den Mund, lasse sie schmelzen und schlucke sie runter. Dann folgt ein Schluck Oban. Was passiert?
Die Schokolade ist schön kräftig, der Kardamom gibt eine tolle Würze. Der Whisky hingegen verliert für mich wieder deutlich. Alle süßen Noten im Geschmack sind komplett verloren gegangen. Nicht verwunderlich, denn die Schokolade ist natürlich deutlich süßer. Es bleiben holzigere, kräftigere Aromen übrig, welche hervorstechen. Die See wird rauer, das Salzige des Oban kommt einen Tick besser hervor. Dennoch wird er deutlich eindimensionaler. Lediglich der Abgang wird dann deutlich spannender! Die Eichenwürze des Oban und der Kardamom verbinden sich, der Tee kommt mit seiner Bitterkeit der Eiche zur Hilfe. Einen kurzen Augenblick blitzt eine Ingwerschärfe auf, während der Abgang sich schokoladig-herb deutlich länger erstreckt. Das ist wirkliche in Erlebnis, allerdings mag ich beide Komponenten einfach unabhängig voneinander lieber!
Abschließende Bewertung (Oban 14 Jahre): 5/7
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