95 Besprechungen und noch kein GlenDronach 21 Jahre? Das kann ja so nicht weitergehen! Heute gibt es in der Besprechung also das Flagschiff der Highland Brennerei, für die sehr lange mein Herz brannte! Warum das Brennen etwas nachgelassen hat und ob der Parliament für mich wirklich die Topabfüllung darstellt, dass erfahrt Ihr in den heutigen Verkostungsnotizen!
GlenDronach - Hyper, Hyper?
Mit Highland Park bin ich durch, jetzt kann ich auf der nächsten Brennerei rumschlagen! Nein, ganz so schlimm wird es heute nicht. Ich will euch vor den Verkostungsnotizen aber dennoch eine kleine Einordnung geben, damit Ihr dann meine Notizen einordnen könnt.
GlenDronach war für mich sozusagen die zweite Einstiegsdroge in der Whiskywelt. Nach den ersten Schritten mit sehr rauchigem Whisky, dann den älteren Dalmore Abfüllungen und einem kleinen Blick in die riesige Welt des Whisky bin ich auf GlenDronach gestoßen. Wie kam das? Ganz einfach: Der Preis! Der 12er lag unter 30€, den 15er habe ich für 37,50€ gekauft. Der Parliament war für etwas über 70 zu haben. Da musste man doch einfach probieren! Die Qualität der Abfüllungen überzeugte mich sofort, und zu meinem jetzigen Leidwesen war ich damals noch nicht so weit fortgeschritten, dass mich die Einzelfässer interessiert hätten - die waren natürlich auch noch erschwinglich.
Seitdem ist viel passiert! Nicht nur ich habe mich weiterentwickelt, sondern eben auch die Whiskywelt. Seit letztem Jahr gehört GlenDronach (zusammen mit BenRiach und Glenglassaugh) zu Brown Forman, also dem Konzern, der auch hinter Jack Daniel's steht. Seitdem gab es schon ein paar kleine Änderungen, die mir nicht gefallen haben: Billy Walker, der wahrlich einiges damit zu tun hatte, dass GlenDronach da ist, wo es heute ist, hat das Schiff verlassen, die Single Casks sind mittlerweile in Preisregionen gestiegen, die mich gar nicht mehr interessieren und auch die Verteilung eben jener Casks ist merklich auf die USA zugeschnitten. Der Sammler wird sich da also auch nicht freuen.
Auch die Preise für die Core Range sind merklich angezogen. Der 12er hält sich zwar noch um die 30€, den 15er lassen wir mal außen vor, aber 18er und 21 sind merklich gestiegen. Vor allem der Parliament geht eher für 100€ über die Ladentheke!
Für mich wird es also Zeit, mal zu schauen, ob dieses Geld wirklich so gut investiert ist.
GlenDronach 21 Jahre "Parliament" - Verkostungsnotizen
Über den Whisky: Der GlenDronach Parliament ist die älteste Standardabfüllung der Brennerei und wird nach mindestens 21 Jahre mit 48% Alkoholgehalt abgefüllt. Der Name bezieht sich übrigens auf eine Krähenkolonie unweit der Brennerei und nicht etwa auf das Parlament im weit entfernten London!
Aroma: Der erste Geruch ist mir schon fast zu schwer. Unglaublich "dunkel", kräftig und voluminös. Stark durchgezogener Rumtopf, eingekochte oder getrocknete Beeren, Pflaumen und alles, was in eine viel zu dunkle rote Grütze gehört. Dazu auch ein Hauch Motorenöl. Nach einiger Zeit legen sich diese schweren Aromen und der Parliament macht etwas auf, wird ein wenig süßer, nussiger und vor allem zeigt er eine schöne Karamellnote.
Geschmack: Das Mundgefühl ist sehr schön: ausfüllend, cremig und nach ein paar Sekunden ein wenig prickelnd. Im Geschmack kommt vor allem die Süße zu Beginn gut durch. Helles Karamell, ein Hauch Vanille und eher hellere rote Beeren. Anschließend stellt sich das leichte Prickeln ein, welches geschmacklich von kräftigeren Aromen begleitet wird. Ich finde Zimt, schweren Sherry, Anklänge von Rotwein und Port (ja, ich weiß, diese Fässer kamen nicht zum Einsatz!), dazu Pflaumen und ein wenig Rosine.
Abgang: Der Abgang überzeugt zunächst mit der schönen Süße des Beginns, was spannend ist, denn im Geschmack wurde es zum Ende hin eher trocken. Nach dem süßen Intermezzo kommen dann auch trockene Holzaromen durch. Der Parliament verweilt noch eine ganze Weile und wärmt wohlig den Rachen.
Abschließende Gedanken: Entgegen der bösen Einleitung muss ich sagen, dass der Parliament einfach ein toller Malt ist. Die Sherryreifung funktioniert hier perfekt, denn es ist keine reine "Sherrybombe". Auch subtilere und filigrane Noten haben ihren Platz bei diesem Whisky. Die 21 Jahre zeigen sich durch eine tolle Milde und Textur im Mund, sind dabei aber nicht überbordend hölzern auf der Zunge. Insgesamt einfach eine runde, komplexe und spannende Sache.
Kategorie: Scotch Single Malt
Destille: GlenDronach
Region: Highlands
Preis: 51-100€ (~95€ )
48%
Kältefiltration: Nein
mit Farbstoff: Nein
Fasstyp: Oloroso & PX Sherry Casks
Mehr Informationen:
GlenDronach auf A Dr(e)am of Sea
Abschließende Bewertung: 7/7
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Andrew (Dienstag, 19 Januar 2021 11:51)
Als großer Sherrywhisky-Freund teile ich diese Bewertung.
Ein Gedanke dazu: Die Altersangabe ist relativ. Die Destillerien müssen angeben, wie alt der Whisky mindestens ist bzw. wie alt der jüngste war, der verwendet wurde (um Konsistenz des single Malts zu halten kommen versch. Jahrgänge derselben Destillerie zum Einsatz).
Nur war Glendronach wegen etlicher Eigentümerwechsel von 1996 bis 2002 geschlossen, d.h. es wurde nicht neu gebrannt und folglich gibt es keine Fässer aus der Zeit. Dies legt den Verdacht nahe, dass wesentliche ältere Fässer aus dem Lager verwendet wurden, sonst käme man nicht auf einen 21er (bzw. bis 2020 auch nicht auf einen 18er und vorher auf den vielgelobten "originalen" 15er, der auch älter schmeckte).
Dies würde das Geschmacksprofil und die Farbe (er ist ja nicht gefärbt!) erklären. Als Glendronach wieder auf den Markt drängte, musste zudem auf das Verbraucherprofil und das Image geachtet werden, daher eventuell das Understatement.
Aber alles nur meine ganz persönlichen Gedanken dazu. Nach vielen Glendronachs und der Konkurrenz...
Ich habe einen kleinen Vorrat von 12 bis 21. Man weiß ja nie.
Man wird sehen, wie sich die Zukunft entwickelt. ich hoffe, dass hier nicht das (preismäßige) Schicksal von Macallan nachgezeichnet wird.