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Vor Ort: Ardbeg Tasting bei Hanse Malt "Bergfest"

Ardbeg Line Up

Da will man eigentlich einen entspannten Samstagabend verbringen und dann kommt der Tobi von Barleymania um die Ecke und fragt, ob man spontan abends zum Ardbeg Tasting mitkommen möchte. Eine Karte war kurzfristig frei geworden. So fand ich mich wenige Stunden später bei Chris Rickert ein und hatte das Glück gleich 8 Ardbegs verkosten zu dürfen! Gerne nehme ich euch heute mit auf diese kleine Reise nach Islay.

Von Ardbegs und Ardbergs

Pünktlich um 19:30 Uhr ging es im Raum für flüssige Fortbildung im Herzen Hamburgs los. Das Wetter draußen war stürmisch und regnerisch, ein ganz normaler Wintertag im Norden also. Aber man will sich ja nicht beschweren, immerhin passt dieses Wetter gut zum Tastinginhalt. Begrüßt wurde ich nicht nur von Chris, der sowohl die Rolle des Gastgebers übernahm und auch die Hälfte der Whiskys bereitstelle, sondern auch von Michael Lutz, seines Zeichens Brandambassador für Ardbeg und Glenmorangie in Deutschland. Das Line Up nahm daher auch große Dimensionen an: Ganze 8 Whiskys sollten verkostet werden. 

Die Eröffnung von Chris und Michael zeigte direkt, in welche Richtung der Abend steuern würde: Locker, entspannt, mit guten Whiskys und natürlich mit jeder Menge Fachwissen. Schnell kam mit dem An Oa der erste "Berg" ins Glas, das Bergfest konnte beginnen. Eine spaßige Diskussion über den Fehler, dass Ardbeg in Deutschland häufig ArdbeRg genannt wird, gab es nebenbei.

Ich hatte den An Oa schon vor einer Weile im Glas und hatte ihn in guter Erinnerung und diese sollte mich auch an diesem Abend nicht trüben. Mir gefällt dieser, als eher "untypisch Ardbeg, dafür typisch Islay" bezeichnete Whisky, sehr gut. So gut sogar, dass er hier die ausführlichsten Tastingnotes erhalten soll. Im Aroma zeigt sich direkt der rauchige Charakter der Brennerei, aber dieser Eindruck hält nur kurz. Dahinter entdecke ich erstaunlich viel Speck und etwas Torf und erdige Aromen. Dazu kommt eine getreidige Note, ich würde am ehesten auf Gerste tippen. Später gab es das Malz von Ardbeg zum probieren. Ich bin dafür dies als Frühstückscerealien durchgehend zur Verfügung zu stellen! Wie dem auch sei, diesen Aromeneindruck hatte ich schon hier. Im Mund gibt sich der An Oa angenehm voll im Volumen. Geschmacklich habe ich zuerst eine erdig-grasige Assoziation. Dann kommt Zitrus und eine schöne Süße, welche sich auf die Zungenspitze legt. Zum Abgang hin gesellen sich Salz und Rauch zu den anderen Noten. Sehr ausgewogen und überraschend leicht. Der Abgang (sorry Chris!) ist mittellang und recht trocken dazu etwas prickelnd auf der Zunge. Der Whisky klingt aus mit einem kalten Rauch. Der An Oa bildet aktuell den Einstieg in die Core Range. Er ist kreiert aus Ex-Bourbon, French Virgin Oak und einem kleinen Anteil an PX Fässern, welche ca. 2-3 Wochen vermählt (Vatting) werden.

Nach dem An Oa gab es einen Ardbeg von The Whisky Agency aus der Liquid Library Serie. Es handelte sich um einen 7 Jahre alten Ardbeg (2007 / 2014), der in einem Refill Hogshead abgefüllt wurde. Abgefüllt wurden 315 Flaschen mit 53,1%. Dieser Ardbeg hat mich ehrlich gesagt wenig beeindruckt. Ja, er zeigte wieder eine schöne Vanille, welche dem rauchigen Anteil gut standhalten konnte, aber mir war dieser Dram mit seinen "nur" 53% viel zu scharf.  Auch die Zugabe von Wasser hatte für mich nur einen geringen positiven Effekt. Bei 8 Drams war ich mir sicher, dass ich nicht alle austrinken wollte und dieser hier war einer der Kandidaten.

Dram 3 war der klassische Ardbeg TEN.  Der 10 Jahre alte Standard aus der Brennerei bedarf wahrscheinlich keiner großen Einführung. Ich denke, dass der TEN ein solider Islay Malt ist: Rauchig, eine schöne Vanillesüße und erdig-grasige Aromen. An einem Abend mit diesem Line Up aber auch ein Glas, welches nicht ganz geleert wurde.

Nach dem TEN ging es weiter zum Perpetuum, aber nicht zur normalen Abfüllung von 2015, sondern zur Distillery Variante, welche mit 49,2% etwas kräftiger abgefüllt wurde. Der Perpetuum wurde zum 200jährigen Bestehen von Ardbeg (1815-2015) abgefüllt und soll symbolisieren, dass die Brennerei bestand haben wird. Kreiert wurde die Abfüllung aus einem Großteil Ex-Bourbon mit einem Hauch Sherryfässern. In der Nase habe ich eine erstaunliche Milde mit ordentlich Vanille. Dazu kommen viele Kräuter. Auch der Perpetuum ist auf der trockenen Seite; ich nehme sogar ein wenig Zimt wahr! Der Rauch ist erstaunlich zurückhaltend. Von den 55ppm mit denen das Malz bei Ardbeg in die Produktion geht, geht übrigens ein Großteil während der Reifung verloren. Beim Ardbeg TEN wurden 23,5ppm gemessen, also ein Rückgang von über 50% in nur 10 Jahren! Am Gaumen zeigt sich der Whisky würzig und kräftiger als erwartet und dazu mit einer cremigen Textur. Ich habe ein paar helle Früchte (Pfirsich?) und dann natürlich wieder den Rauch. Der Abgang ist mittellang mit erneut trockenem Rauch.

Nach diesen 4 Drams waren wir erst bei der Halbzeit, es folgten der Uigeadail, welcher für mich immer der "go to" Ardbeg sein wird, ein Ardbeg von The Maltman, welcher sich als Kildalton tarnen muss, der Corryvreckan und abschließend der 33.135 "Peat-reek and barbeque char" von der The Scotch Malt Whisky Society.

Der Uigeadial hat mich von diesen vieren am meisten überzeugt und wenn ich einen Ardbeg kaufen würde, dann wäre es wohl dieser. Mit Kraft abgefüllt und dennoch mit einer schönen Balance, welche durch den Sherryeinfluss kommt. Einfach eine runde Sache zu einem guten Preis! Auch die SMWS kann mit dem "Peat-reek and barbeque char" überzeugen. Mit 60,2% und 9 Jahren bestimmt der heftigste Vertreter an diesem Abend, aber dennoch mit einer genialen Vanillesüße ausgestattet.

Nicht vergessen werden soll bei all dem Whisky natürlich der Zwischengang, welcher nach dem fünften Whisky gereicht wurde! Die Scallops (Kamm- / Jacobsmuscheln) in Curry-Kokos-Soße auf Reis konnten sogar mich überzeugen, und das, obwohl ich eigentlich keine Muscheln oder Fisch im allgemeinen esse!

Fazit

Ich gebe zu, dass ich kein riesiger Ardbeg Fan bin. Die jährlichen Sonderabfüllungen und der Hype um diese ist mir völlig egal und lässt mich absolut kalt. Das liegt zum einen daran, dass ich nicht unbedingt ein Fan von stark rauchigen Whiskys bin, zum Anderen aber auch daran, dass Ardbeg ein ziemlich starkes Line Up in der Core Range hat. Mit dem An Oa, TEN, Uigeadail und Corryvreckan sind einfach tolle Abfüllungen jederzeit verfügbar. Ich brauche da einfach keinen Perpetuum oder Grooves. 

Dieser Eindruck bleibt auch nach diesem Abend bestehen, denn der Uigeadail ist wohl mein Whisky des Abends. Ich muss jetzt zwar nicht direkt loslaufen und einen Ardbeg kaufen, aber der Einblick in und die Geschichten rund um die Brennerei haben mir viel Spaß gemacht. Mein Dank geht dabei an Chris Rickert & Michael Lutz für die tolle Abendgestaltung und natürlich ganz besonders an Tobi für die kurzfristige Ticketweitergabe!

 

Alle verkosteten Whiskys im Überblick:

 

1. Ardbeg - An Oa

2. Ardbeg - Liquid Library 7 Jahre

3. Ardbeg - TEN

4. Ardbeg - Perpetuum Distillery Release

5. Ardbeg - Uigeadail

6. Ardbeg - The Maltman "Kildalton" 9 Jahre

7. Ardbeg - Corryvreckan

8. Ardbeg - The Scotch Malt Whisky Society 33.135 "Peat-reek and barbeque char" 9 Jahre

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