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Vor Ort: SMWS Weihnachtsfeier

Eine Weihnachtsfeier Mitte November? Die Scotch Malt Whisky Society ist früh dran (sogar nach früher als die Firma meiner Freundin, die am 22.11. zur Weihnachtsfeier lädt), aber dies ist auch den mehrfachen Terminen geschuldet. Andere SMWS Weihnachtsfeiern finden durchaus später statt. Mir war der Zeitpunkt herzlich egal, denn bereits im Vorfeld war ich mir sicher, dass wieder spannende Whiskys den Weg in mein Glas finden werden. In Weihnachtsstimmung war ich, zugegeben, allerdings eher nicht.

Lost in hamburg?

Disclaimer: Das SMWS Weihnachtstasting konnte ich durch eine Werbeaktion kostenlos besuchen. Dies steht allerdings nicht in Zusammenhang mit meiner Tätigkeit als Blogger, sondern stand allen ehemaligen SMWS Mitgliedern zur Verfügung.

Zum Glück hat der Weihnachtsmann einen besseren Orientierungssinn als ich, denn die gestrige Tasting-Location zu finden fiel mir recht schwer! "Hongkongstraße 2" stand im Internet und in der Buchungsbestätigung. Für mich ging es also ab Jungfernstieg mit der U4 zur HafenCity Universität. Die neuen U-Bahnhöfe machen einigermaßen was her, hier wurde groß und mit Anspruch an sich selbst gebaut. Wenn man allerdings die HafenCity betritt, dann empfinde ich eigentlich nur eins: Leere. Kaum ein Mensch auf der Straße, große, sterile Gebäude, wenig Charme. Nun, ich machte mich auf die ca. 10 Minuten zum Veranstaltungsort zu laufen. Vor Ort war ich aber verwundert, denn von der "Kleinen Heimat" war nichts zu sehen. Ich dreht zwei Runden um die Hausnummer 2-4 und schaute verwundert auf einen Briefkasten. "Kleine Heimat". Zum Glück gibt es Google, denn dort schaute ich auf die Bilder und sah eine Terrasse und Wasser. Die "Kleine Heimat" versteckt sich nämlich auf Tiefgaragen-Niveau an einer kleinen Terrasse. 

Ich freute mich sehr, als ich den Veranstaltungsort entdeckt hatte und ich unseren Dompteur des Abends, Thom Glas, erblickte, der schon mit den ersten Gästen sprach. Ich gesellte mich dazu, half ein wenig beim Aufbau und musste durchaus grinsen, als weitere Teilnehmer eintrafen und die Worte äußerten "Man, das ist schwer zu finden! Ich bin da oben rumgeirrt!" Im Endeffekt haben es alle geschafft und wir können uns auch in dieser Besprechung den flüssigen Freuden des Lebens widmen!

Den Auftakt machte ein Armagnac (Society Code A2.2) aus dem Jahr 1974. Stolze 44 Jahre lagen vor mir im Glas. Armagnac ist nicht gerade mein Jagdgebiet, aber dieser Tropfen war schon heftig! Voll, eichig und mit einem starken Aroma von Zahnpasta und Hustensaft, welches den gesamten Abend über noch intensiver im Glas wurde. Ein Dram mit endloser Entwicklung über gut 2 Stunden! 

4 Mal SIngle Cask und 1 Blend

Das Tasting selbst bot das gewohnt Scotch Malt Whisky Society Programm: 5 Whiskys, Brot und Wasser. Den Auftakt machte dieses Mal allerdings kein Single Cask Single Malt sondern der Big Swirl. Ein 10 Jahre alter Blended Malt mit 50% Alkoholgehalt. Als Einstieg in den Abend bot dieser Blend, über den sonst leider wenig bekannt ist, außer einer Reifung in Sherryfässern, leichte und feine Aromen in der Nase. Dominant war für mich die Kirsche, welche sich harmonisch mit einer Grundsüße verband. Im Geschmack ging es kräftiger zur Sache mit viel Holz, Kakao und leichten Kaffee Aromen. Die Kombination mit einer herben Schokolade war für mich mal wieder nicht sehr gewinnbringend, andere fanden die aber durchaus gelungen. Nach dem Swirl folgte der Showered with petals (39.184). Dieser 12 Jahre alte Linkwood kam mit brachialen 59,5% um die Ecke, wobei es später am Abend noch kräftiger werden sollte. Der Name war hier mal wieder Programm: Gewächshaus und Schauhäuser im botanischen Garten boten sich in der Nase. Eine leichte Fruchtnote spielte schön gegen die floral-herben Aromen an. Auf der Zunge kam die Kraft des Destillats und Alkohols raus, ich gab dann doch lieber etwas Wasser hinzu. Damit wurde der 39.184 angenehm voll im Volumen, leicht seifig und sehr vanillig. Im Abgang zeigte sich eine wunderbare Marzipannote. Whisky Nummer 3 deutete ein Karussell der Aromen an, der Merry-go-round of aromas ist ein 18 Jahre alter Inchmurrin (Loch Lomond) mit der Nummer 112.45. Für mich versteckte sich hier ein Highlight des Abends, denn dieser Whisky war wirklich ein großes Durcheinander. Nadelwald und Sauna, dann aber auch Marshmellows und viel Rhabarberkuchen. Im Geschmack war der Verlauf umgekehrt, denn zuerst gab es viel Süße, Karamell und Kuchenteig und erst zum Ende hin wieder der Nadelwald. Spannend, anders, gut!

Der Armagnac hatte zu diesem Zeitpunkt übrigens die Schwelle zum Zahnpasta Destillat überschritten! Wieder zum Whisky. Die Nummer 4 des Abends hatte den klangvollen Namen How to kill your dragon (137.7) und gehört auf keinen Fall zur Diageo Game of Thrones Marketing-Abfüllungslinie! Vielmehr versteckt sich dahinter die St. George Distillery aus England, die hier mit einem rauchigen 7 Jahre altem Whisky vertreten war. Ich werde dazu meine Tastingnotes nicht ausschmücken. So sind sie im Original: "Rauch, Rauch, Rauch! Alkohol! Süße! Drache! Asche. Verbranntes Zeitungspapier." Kurz gesagt: Wir wurden keine Freunde, aber auch hier waren wieder andere Teilnehmer begeistert. Alkoholgehalt? Milde 65,5%!

Zum Abschluss des Abends ging es dann in die Vollen: A thigh-slapping dram (33.138) stand auf dem Programm. Eingefleischte SMWS (oder Brennerei) Fans wissen, welche Brennerei sich hinter der "33" verbirgt: Ardbeg. Der thigh-slapper ist ein 12 Jahre alter Ardbeg, der in einem 2nd Fill Butt / Ex Oloroso gereift wurde und mit 60,9% abgefüllt wurde. Der Whisky begann etwas zurückhaltend, vielleicht dem stürmischen Engländer zuvor geschuldet. Süßlich, viel Oloroso-Einfluss, dann etwas Rauch. Mir gefiel ein angenehmes Wechselspiel aus Süße und Säure. Insgesamt erstaunlich harmonisch. Im Mund (mit etwas Wasser): Ausfüllend, ölig, nach hinten raus sehr rauchig. Die Würze vom Oloroso spielt hier sicherlich auch eine Rolle und verstärkt die Kraft. Ein guter Whisky, ein "anderer" Ardbeg. Der Preis von 150 Pfund ist allerdings wohl der Schenkelklopfer aus dem Namen. Da ich kein eingefleischter Fan der Brennerei bin kann dieser Whisky zu diesem Preis an mir vorbei gehen. 

 

Zusammenfassend war auch die Weihnachtsfeier der Scotch Malt Whisky Society wieder ein Erfolg. Alle Whiskys (und auch der Armagnac) zeichneten sich durch Besonderheiten aus, waren kantig, originell und definitiv nicht langweilig. Einen Sieger des Abends zu küren fällt mir schwer, wahrscheinlich der Linkwood oder Inchmurrin. Vielen Dank auch an Thom Glas für die Führung durch das Tasting!

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