Liebe Leserinnen und Leser,
heute will ich mich mal einem Thema widmen, welches ab und an mal diskutiert wird, aber irgendwie doch kein großes Thema ist. Vielleicht ist das auch richtig so, spannend finde ich es aber allemal.
Verpackungen.
"Wow!" wird jetzt bestimmt manch einer ausrufen, "sowas langweiliges als Blogthema!" Aber ich denke, hier gibt es doch etwas mehr zu finden. Widersprecht mir ruhig, aber im Themenbereich "Whiskyverpackung" scheint es zwei Lager zu geben:
1. "Der Supermarkt-Käufer": Typisches Opfer der großen, bösen Marketingabteilung. Der klassische Supermarkt-Whisky-Käufer trinkt ab und zu mal einen Whisky und lässt sich beim Kauf durch Verpackung, Geschichten und Altersangabe beeinflussen. Hier kann man als Konzern mit billigem Zeug einen guten Gewinn machen (Achtung: Nicht ganz ernst gemeint!)
2. "Der Whisky-Connaisseur": Der wahre Genießer unter den Whiskytrinkern! Er kennt sich aus: Jede Abfüllung, Fassreifung und Destille ist bekannt (und natürlich auch besucht worden). Er erkennt das Spiel der bösen Marketingabteilung und weiß es zu durchschauen. Kritisch wählt er (je nach verfügbarem Kleingeld) seine 2-10 Flaschen beim Kauf aus.
Na gut, na gut. Ich übertreibe maßlos! Aber bestimmt erkennt auch ihr einen wahren Kern und könnt euch irgendwo einordnen. Wo ich mich selbst einordne? Schon in die 2. Kategorie. Ich habe für viele Abfüllungen grobe Preise im Kopf, erkenne einen "Schnapper" ganz gut und habe auch einen Überblick über viele Abfüllungen. Aber - und manchmal habe ich das Gefühl, dass man es nicht laut sagen darf - eine schöne Verpackung weiß mich zu begeistern! Natürlich kommt es bei Whisky zu allererst auf den Inhalt an. Kein Frage, keine Diskussion! Was hilft mir eine Verpackung und ein Flaschendesign, welches unzählige Preise gewonnen hat, wenn der Inhalt die Qualität eines Discounter Blends hat.
Aber ich würde es an dieser Stelle auch gerne mal von der anderen Seite betrachten, und zwar an einem direkten Beispiel. Am 25.11.2016 war ich auf einem Tasting zum Thema "Highlands". Das Line-Up könnt ihr auf dem nebenstehenden Bild sehen (und aus dem Tasting sind 2 Quickly Reviewed hervorgegangen: Glenglassaugh Octaves und Wolfburn First General Release - einfach auf den Link klicken!).
Mein konkretes Beispiel ist die 2. Flasche von links: Tomatin 12 Jahre. Eine absolute Standardabfüllung, welche einen netten Einstieg in den Single Malt-Teil des Abends geboten hat (die Flasche ganz links ist der Blend "Timorous Beastie"). Besonders gut ist die Flasche auf dem Bild nicht zu erkennen, aber es ist ein überarbeitetes Design. Der 12er Tomatin kommt zwar nach wie vor im einfachen Karton, aber die Flasche ist jetzt deutlich schöner als zuvor: bauchig, dicker Boden, schöner Aufdruck. Zumindest mir gefällt sie äußerlich gut! Die alte Flasche hingegen war (mehr oder weniger?) eine Standardflasche mit einem reichlich lieblosen Aufdruck.
Und jetzt kommen wir doch zum zunächst seltsam anmutenden Teil: Seitdem ich den Whisky im November probiert habe, spiele ich mit dem Gedanken mir eine Flasche zu kaufen. Kostet nicht viel, geschmacklich "nett" UND sieht schön im Schrank aus. Vorher habe ich wirklich darüber nachgedacht mir einen Tomatin zu kaufen. Das Design wirkte lieblos und langweilig. Jemand der so etwas auf den Markt wirft hat augenscheinlich wenig für sein Produkt übrig. Natürlich ist das alles etwas verkürzt dargestellt: Tomatin hat bestimmt viel für den selbst produzierten Whisky übrig, ich überlege auch wegen des Geschmacks die Flasche zu kaufen, und und und ... dennoch geht auch etwas auf das Design zurück.
Bestärkt in meinem Eindruck werde ich durch ein Gespräch mit einem Mitarbeiter von The Cooper's Choice im letzten Jahr. Dieser (übrigens meist wunderbare!) unabhängige Abfüller hat zu Beginn des Jahres 2016 sein Design umgestellt: Statt blauer, glänzender Tube kommen die Whiskys jetzt in einer breiten, ausladenden grauen Verpackung mit hochwertiger Flasche. Ehrlich gesagt gefällt mir das alte Design hier besser, aber angeblich sind die Verkaufszahlen seitdem um einen 2-stelligen Prozentwert angestiegen. Das neue Design verkauft sich also deutlich besser. UND - das ist mir an dieser Stelle wichtig - The Cooper's Choice bietet keine Supermarkt Whiskys an, hier zeigen sich also die Verkaufszahlen bei Personen der "Kategorie 2", welche meistens behaupten, dass es nur auf den Inhalt ankäme.
Wohin will ich jetzt mit diesem Text? Ich möchte nicht, dass sich jemand angegriffen oder beleidigt fühlt. Alles hier ist mit einem gewissen Augenzwinkern geschrieben! Aber zumindest für mich persönlich möchte ich festhalten, dass das Auge halt doch - zumindest etwas - mittrinkt. Eine schöne Verpackung sieht im Schrank gut aus, sie sieht im Laden und auf Messen gut aus und sie zeigt vielleicht doch eine gewisse Einstellung zum eigenen Produkt. Nicht mehr und nicht weniger.
Gibt es Gegenbeispiele? Klar! Einige Unabhängige Abfüller müssen vielleicht aus Kostengründen auf eine Standardflasche zurückgreifen, oder sie wollen den Preis nicht künstlich erhöhen. Glenfarclas hat - meiner Meinung nach - keine besonders schicken Verpackungen, der Whisky ist aber über viele Zweifel erhaben!
Und ein Negativbeispiel möchte ich jetzt mit euch verkosten: Den Dalmore "King Alexander III". Definitiv ein King des Marketings, der Verpackung und sonstiger Budenzauber. Immerhin hat dieser Whisky ein eigenes Werbevideo! Auch ein King des Geschmacks? Wir werden es sehen!
Über den Whisky: Dalmore wurde 1839 von Alexander Matheson gegründet und ging seitdem durch mehrere Hände. Wichtig auf diesem Weg ist der Besitzerwechsel von 1867, als Charles, Andrew und Alexander Mackenzie die Brennerei geführt und 1891 gekauft haben. Seit 1960 ist Dalmore im Besitz von Whyte & Mackay Ltd. (damals Dalmore-Whyte & Mackay), welche nach einigen Änderungen im Oktober 2014 an Emperador Inc. gekauft wurden. Zum Konzern gehören außerdem: Jura, Fettercairn und Tamnavulin.
Die Standardrange von Dalmore umfasst die typischen Altersangaben: 12, 15 und 18 Jahre. Außerdem gibt es einen 21-Jährigen und 30-Jährigen und eine kaum zu überschauende Anzahl an NAS-Abfüllungen, unter anderem auch den King Alexander III.
Der King Alexander III ist wohl das "Flagschiff" der Destille (ich sehe an dieser Stelle mal von den ganzen ultra-mega-super-limitierten-40-Jahre-Plus-Abfüllungen ab!) und bietet den Einstieg in das absolute Premiumsegment von Dalmore. Benannt wurde er nach dem gleichnamigen König, welcher 1263 durch ein Mitglied der Mackenzie Familie vor einem Hirsch gerettet wurde. Im Gegenzug erhielten die Mackenzies (und mit ihnen Dalmore) das Recht den königlichen Hirsch im Wappen zu tragen.
Der Whisky selbst trägt kein Alter, ist gefärbt und nur mit 40% Alkoholgehalt abgefüllt. Kreiert wurde er aus 6 verschiedenen Fasstypen: Bourbon, Sherry (Oloroso), Marsala, Madeira, Port und Rotwein. Mir ist kein Whisky bekannt, der da mithalten könnte.
Kategorie: Single Malt Scotch Whisky
Destille: The Dalmore (Highlands)
Preis: 101-200€ (130€)
40%
Kältefiltration: Ja
mit Farbstoff: Ja
Nase: Direkt zum Einstieg Süße. Rumrosine, vielleicht auch etwas Pflaume mit Zimt (eingekocht), leichte Nussigkeit in Richtung Walnuss. Nach etwas Zeit wird der Whisky etwas leichter, blumige Noten entwickeln sich. Alkohol ist nicht wahrzunehmen. Ich muss zugeben, die Nase ist schön!
Geschmack: Ich musste schon lange nicht mehr so lange warten und überlegen um etwas für den Geschmack aufzuschreiben, meine Wahrnehmung ist einfach ziemlich diffus. Das Mundgefühl ist relativ lasch, dem King Alexander sind seine 40% deutlich anzumerken. Zum Start kommt eine frische Süße, wahrscheinlich von den Bourbonfässern. Dann übernehmen die Sherry-/Weinfässer die Regie und zeigen Aromen von dunklen Früchten, am ehesten kommt die Pflaume aus der Nase zum Vorschein. Eine schöne schokoladige Süße durch die Portfässer vermisse ich aber. Dann geht der Geschmack ins trockene über, holzige Aromen, Bitterkeit, welche sich in den Abgang fortsetzt.
Finish: Überraschend starker Antritt von Holznoten, Bitterkeit, sehr dunkle Schokolade. Insgesamt ist der Abgang mittellang, bietet aber relativ wenig Entwicklung. Eine leichte Süße ist wahrzunehmen, die bitteren Noten verbleiben am längsten.
Abschließende Gedanken: Dieser Whisky zeigt wirklich, dass eine großartige Verpackung nicht alles ist. Er ist bestimmt geschmacklich nicht schlecht, aber bleibt doch weit hinter den Erwartungen zurück. Zu viele verschiedene Fässer im Mix, ein ziemlich großes Durcheinander im Mund, Farbstoff, der bei dieser Fassauswahl und Preisklasse unnötig erscheint und schlappe 40% Alkohol wollen einfach nicht gefallen. Bestimmt sind hier einige alte Fässer enthalten, aber es kommen auch leichtere, jüngere Noten durch. Hier wird dem Käufer "premium" vorgegaukelt, geschmacklich befindet man sich aber nicht in diesem Segment!
Wäre der Preis bei 80€ (und damit in einer anderen Kategorie) würde es einen Punkt mehr geben!
Bewertung: 4/7
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