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Whisky Review #18: Kilkerran - 12 Jahre & Tobermory - 21 Jahre 1995 / 2016 - A.D. Rattray "Whiskytasting"

Letzte Woche ging es bei mir, neben drei Whiskys aus der Brennerei Bruichladdich, auch um die Möglichkeit mehr Whiskys durch das Kaufen von Samples kennen zu lernen (Klick hier um zu Review #17 zu kommen!). Heute will ich gerne daran anschließen.

Viele Anfänger im Bereich Whisky fragen sich häufig "ist dieser Whisky mein Geld wert?". Dabei ist es völlig egal, ob das Objekt der Begierde nun 30, 50 oder mehr als 100€ kostet. Die Einschätzung fällt anfangs halt schwer, das geht ja jedem so. Samples sind eine tolle Möglichkeit für weniger oder gleich viel Geld mehrere Whiskys verkosten zu können. So kann man sich schneller ein Bild machen, was gefällt und was nicht.

Einen Schritt weiter geht es heute: Whiskytastings sollen das Thema sein.

Natürlich kann man sich mit ein paar Gleichgesinnten treffen, jeder bringt eine Flasche mit und gemeinsam verkostet und bespricht man die einzelnen Whiskys. Ich würde dieses Vorgehen natürlich jedem empfehlen. Aber manchmal haben die Freunde nur wenig Zeit, müssen mit dem Auto fahren, sind gar nicht Whisky-interessiert. Tja, und dann?

Hier kommen professionelle Tastings ins Spiel. Wenn man so will: betreutes Trinken! Veranstaltet von einem Experten in Sachen Whisky werden verschiedene Abfüllungen verkostet und besprochen. Hoffentlich lernt man dabei viel dazu, egal ob das Thema nun "Einsteigerwhiskys", "Inselwhiskys" oder "Portwein-Nachreifungen" ist. Dem Angebot sind ja tendenziell  keine Grenzen gesetzt. Ich hatte am vergangenen Dienstag mal wieder die Möglichkeit einem solchen Tasting beizuwohnen und an meinen Erlebnissen will ich heute gerne teilhaben lassen (Verkostungsnotizen natürlich inklusive!).

Der Ort des Tastings war das wundervolle STUDIO Filmtheater in Kiel, welches ich jedem aus der Umgebung auch völlig unabhängig von Whisky gerne ans Herz lege. In drei Kinosälen (von quasi Wohnzimmergröße bis zum großen Saal ist alles dabei) gibt es hier noch echte Kinoatmosphäre! Hier sind Liebhaber am Werk und keine große Kette. Also, auch ohne Whiskyfreund zu sein: hingehen!

Gut, hier soll es aber um Whisky gehen, schreiten wir also thematisch fort!

Seit diesem Monat bietet das STUDIO in Zusammenarbeit mit einem Kieler Whiskyexperten einen Whiskytasting an. An jedem ersten Dienstag im Monat gibt es also ein Tasting mit einem - mehr oder weniger stark ausgeprägtem - Schwerpunkt. Am Dienstag waren es "Küsten- und Inselwhiskys", welche Paul Hahlbohm uns präsentiert hat. Paul und ich sind seit Jahren gut befreundet, dass will ich hier gar nicht verschweigen, und ich habe schon an vielen seiner Tastings teilgenommen und kann sie vorbehaltlos empfehlen. Außerdem ist er auch als kleiner unabhängiger Abfüller unterwegs, mehr über ihn findet ihr auf seiner Seite Whisky nach Wunsch. Dennoch braucht ihr jetzt nicht "abschalten" und an "bezahlte Blogeinträge" denken. Ich habe für das Tasting bezahlt und will an dieser Stelle ganz offen erzählen. Macht euch keine Sorgen...

Was haben wir also bisher: Eine schöne, gemütliche und für ein Whiskytasting tendenziell ungewöhnliche Location, einen langjährig in der Szene aktiven Gastgeber und ... ach ja, ich sollte euch die Whiskys vorstellen, richtig?

Hier also kurz und knackig das Line-up mit einigen kurzen Anmerkungen:

 

1. Gordon & MacPhail: Old Pulteney 8 Jahre (40%, kein Farbstoff, kühl gefiltert)

 

Dieser junge Old Pulteney bildete den Einstieg in den Abend. Ein netter, nicht überfordernder erster Dram. Job tadellos erfüllt!

 

2. Kilkerran 12 Jahre (46%, kein Farbstoff, nicht kühl gefiltert)

 

... dazu später mehr!

 

3. Wemyss Malts: Bunnahabhain 1990/2015 "Fields of Barley (46%, ohne Farbstoff, nicht kühl gefiltert)

 

Einfach nur wow! Ich mag Bunnahabhain eh, und dieser hier ist eine wirkliche Bombe! Definitiv der "Knaller des Abends" für alle Anwesenden. Malzig, getreidig, Anklänge von Himbeeren ... und das war erst die Nase! Ein Ausnahmewhisky, ich hatte erst überlegt über diesen Bunnahabhain mein heutiges Review zu schreiben...

 

4. A.D. Rattray: Tobermory 1995/2016 (53,4%, ohne Farbstoff, nicht kühl gefiltert [Cask No. 437])

 

... aber dann kam dieser Kollege um die Ecke. Oder viel mehr aus der Flasche. Auch ein außergewöhnlicher Whisky, aber vielleicht doch deutlich streitbarer als der Wemyss Malt. Daher bekommt ihr heute mehr Infos zu diesem hier. Später mehr, dran bleiben!

 

5. Bowmore 10 Red Edition (46%, mit Farbstoff, kühl gefiltert)

 

... kurzum: Für mich eine Enttäuschung. Vielleicht liegt es an den 2 tollen Malts vorher, aber dieser Bowmore hat mich nicht vom Hocker gehauen. Angeblich von der "Devils Cask" Serie inspiriert, welche ich bisher auch nicht probiert habe. Wenn die nicht deutlich besser sind, dann wäre der Preis schon etwas seltsam. Der Nächste bitte!

 

6. Douglas Laing's Big Peat Christmas Cask Strength 2015 (NAS, 53,8%, ohne Farbstoff, nicht kühl gefiltert)

 

Die beiden letzten Blends wurden gegeneinander verkostet. Sprich: 2 Nosinggläser pro Person. Immerhin handelt es sich um 2 Islay Blends in Fassstärke. Noch dazu hat uns Paul beide aus dem Jahr 2015 mitgebracht.

Ergebnis? Nichts für mich! Beide eigentlich nur rauchig und kratzig, Islay in seiner nicht so tollen Form. Der Big Peat hat bei mir den Vergleich aufgrund seiner vanilligen Nase gewonnen. Kaufen würde ich beide nicht.

 

7. Elements of Islay: Peat (Full Proof) (NAS, 59,3%, ohne Farbstoff, nicht kühl gefiltert)

... siehe oben!

Bevor ich zur einzelnen Besprechung des Kilkerran und des Tobermory komme, möchte ich das kleine Fazit des Abends vorziehen und mich auf den Anfang dieses Artikels beziehen.

Was bringen einem Anfänger (oder auch Fortgeschrittenem) Whiskytastings?

Mir hat dieser Abend viel gebracht! Nicht zu unterschätzen ist die nette Atmosphäre, in welcher diese Whiskys genossen wurden. Man konnte sich voll auf den Whisky konzentrieren, war aber an einem lebendigen Ort und irgendwie "mittendrin" in einem gemütlichen Kinoabend. Auch nicht zu unterschätzen ist der aktive Austausch mit den anderen Teilnehmern. Gemeinsam diskutieren, fachsimpeln und neue Geschmacksnuancen finden, dass gefällt mir einfach! Außerdem lernt man so auch als "alter Hase" wirklich noch was dazu. Last but not least: Der Vorteil eines "offiziellen" Tastings gegenüber einem "unter Freunden" Tastings ist doch die Expertise des Gastgebers. Quasi nebenbei lernt man viel über die Destillen, über Besonderheiten oder eine kleine Anekdote. Die Auswahl und Reihenfolge der Whiskys konnte durchaus überzeugen - da liegen bei "Anfängern" bestimmt große Probleme - und von einem einfach zugänglichen Einsteiger bis hin zu wirklich teuren Flaschen wie dem Bunnahahbain war alles geboten.

Kurz gesagt: Wenn ihr im Norden wohnt, dann kommt direkt in Kiel vorbei, wenn ihr irgendwo in Deutschland wohnt: Sucht euch eine Tastingmöglichkeit. Ich verspreche: es wird sich lohnen!

Um abzuschließen, Verkostungsnotizen (dafür seid ihr ja eigentlich da ...):

Kilkerran - 12 Jahre

 

Kategorie: Single Malt Scotch Whisky

Destille: Kilkerran (Campbeltown)

Preis: 0-50€ (~45€)

46%

Kältefiltration: Nein

mit Farbstoff: Nein

 

Über den Whisky: Dieser Whisky stammt aus der Glengyle Brennerei und gehört somit in den Besitz der Mitchells, welche auch Springbank betreiben (und damit für Hazelburn, Springbank und Longrow verantwortlich sind). Es handelt sich also um ein kleines, familiär betriebenes Unternehmen. Dieser 12 Jährige ist die erste Abfüllung mit diesem Alter und soll zukünftig die Basis für das Sortiment von Kilkerran darstellen. Zuvor sind schon die "Work in Progress"-Abfüllungen erschienen. Begonnen wurde mit einem Alter von 5 Jahren, danach folgte jedes Jahr ein Update.

 

Nase: Zitrusnoten, also leichte Säure und Frische. Der Whisky ist aber dennoch nicht zart, sondern eher stark und kräftig in der Nase. Eine leichte Nussnote kommt dazu, getragen wird alles von einem milden, torfigen Rauch. Und da im Hintergrund versteckt sich noch etwas Vanille von den Bourbonfässern, erwischt!

 

Geschmack: Zunächst erstaunlich leicht. Zitrusnoten, welche nicht zu sauer sind kommen auf der Zunge an, dann süßliche Vanillenoten, aber auch etwas Trocken. Spannend.

 

Finish: Im Finish halten sich die Zitrusnoten zurück. Es entsteht eine Bitterkeit, zum Ende hin kommen getreidige Noten zum Vorschein. Ganz am Ende, also ca. 5 Minuten nach dem Genuss bleibt bei mir etwas "kalter Aschenbecher"; nicht ganz mein Fall!

 

Abschließende Gedanken: Von den Work in Progess Abfüllungen war ich wenig begeistert, es hat bei mir einfach nicht "klick" gemacht. Dieser Whisky hier ist anders! Eine wirklich schöne Mischung aus Sherry- und Bourbonnoten, gepaart mit etwas Brennereicharacter, der seine Springbank Herkunft nicht ganz verleugnen kann. Ein wirklich solider erster Auftritt! Lediglich der "Aschenbecher" ganz am Ende gefällt mir nicht, ansonsten ist das hier ein Scotch Whisky wie man ihn sich prototypisch vorstellen kann. Dazu 46%, keine Färbung oder unnötige Filtration, Handarbeit, ... da sind die paar Euro mehr als bei anderen Standards definitiv ok!

 

Bewertung: 6/7

Tobermory - 21 Jahre 1995/2016 A.D. Rattray (Cask No. 437)

 

Kategorie: Single Malt Scotch Whisky

Destille: Tobermory (Mull / Islands)

Preis: 51-100€ (90€, limitiert!)

53,4%

Kältefiltration: Nein

mit Farbstoff: Nein

 

Über den Whisky: Der unabhängige Abfüller A.D. Rattray hat seinen Ursprung schon im Jahr 1868, als die Firma als Handelsunternehmen gegründet wurde. Relativ schnell genoss man allerdings nicht nur einen guten Ruf im Bereich Olivenöl und Wein, sondern auch im Whiskygeschäft war man erfolgreich.

Tobermory ist die einzige Destille auf der inneren Hebrideninsel Mull. Gegründet bereits 1798, gab es auch bei Tobermory viele Besitzerwechsel. Seit 1993 übernahm Burn Stewart Destillers die Brennerei und somit ist Tobermory seit 2013 in südafrikanischem Besitz. Gebrannt werden zwei Single Malts: Der hier verkostete Tobermory ist ein ungetorfter, nicht  rauchiger maritimer Malt. Ihm zur Seite steht der Ledaig, aus der gleichen Brennerei stammend ist dieser allerdings stark getorft und steht vielen Islay-Whiskys in nichts nach. Anfang 2017 wurde bekannt, dass Tobermory einen 3 jährigen Produktionsstopp einlegen wird. Die Destille wird umgebaut, die bisherigen Standardabfüllungen sollen uns allerdings erhalten bleiben.

 

Nase: Wirklich etwas besonderes. Mull ist eine Insel vulkanischen Ursprungs und das Quellwasser daher extrem mineralisch. Vielleicht ist es nur Einbildung, aber die Aromen würden sehr gut dazu passen: Zunächst Kräuterbonbon, dann aber auch klares Quellwasser direkt aus dem Fluss, Kalk, Tropfsteinhöhle, insgesamt sehr mineralisch. Auf dem Tasting hat diese Nase nicht allen gefallen, ich finde sie genial!

 

Geschmack: Das Bourbonfass drängt sich zunächst in den Vordergrund. Süßlich und angenehm liegt der Whisky im Mund. Wasser braucht er für mich auf keinen Fall, der Alkohol ist gut eingebunden. Anschließend folgt Würze, leichte Anklänge von Holz und Hustenbonbon, vielleicht Gebirgswiese? ... ist für mich etwas weit weg. Dann kommen die mineralischen, fast kalkigen Noten zurück. Etwas Salz und "maritimes Flair" rundet den Whisky ab.

 

 

Finish: Die lange Lagerung ist im Finish dann spürbar: Eichig, holzig und schwer ist dieser Tobermory. Trockene Bitterkeit und am Ende verbleibt das Salz.

 

Abschließende Gedanken: Vielleicht lagen die Geschmackseindrücke zunächst an der Anmoderation, aber auch im Nachfassen (ich habe mir den Rest der Flasche eingesteckt. Ehm, einstecken dürfen gegen einen Obolus!) bleiben diese Noten bestehen. Dieser Tobermory ist ein Whisky, bei dem man wirklich den Ursprung schmecken kann und solche klaren, "reinen" Noten habe ich bisher noch nicht erlebt. Bei meinen Mitverkostern ist das Urteil gemischt ausgefallen, der Whisky polarisiert anscheinend ziemlich. Ich bin auf der "JUHU"-Seite. Andere sagen vielleicht "was ist denn das für ein ...". Zum Glück darf ich hier ganz subjektiv schreiben! Für mich stehen hier Preis und Leistung (= für mich lecker und definitiv einzigartig!) in einem tollen Verhältnis.

 

Bewertung: 7/7

 

Wie sieht es aus, stimmt ihr mir zu? Habt ihr persönliche Erfahrungen mit Tastings? Lasst mir einen Kommentar da!

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