Wenn Chris Rickert von Hanse Malt kurzfristig zum Tasting lädt, dann scheint die Hamburger Bloggerszene zu erscheinen. Zumindest war nicht nur ich vor Ort, sondern auch Aaron von Drams United und Tobi von Barleymania.
Vielleicht lag es ja aber auch an dem tollen Programm: Neben vier Single Grains aus Südafrika gab es ganze sechs Deanston Abfüllungen - vom Virgin Oak bis hin zu einer Distillery Only Abfüllung wurde dabei einiges abgedeckt. Ich schildere euch im Schnelldurchlauf diesen tollen Abend!
Bain's - Single Grain aus Südafrika
Durch den Beginn des Abends führte Andy Watts, seines Zeichens über Jahre der Brennereimanager der James Sedgewick Brennerei in der Bain's hergestellt. Seitdem er im Juli 2016 diesen Posten abgetreten hatte tourt er nun durch die Welt um Werbung für sein Baby zu machen.
Zunächst ließ Andy uns an seinem bewegten Leben teilhaben, wie er über Cricket nach Südafrika kam und dort rein zufällig bei der Brennerei arbeitete. Über die Jahre stieg er im Unternehmen immer weiter auf und zwischen 1986 und 89 verbrachte er viele Monate in Schottland, um das Brennhandwerk zu lernen. Unter anderem arbeitete er dabei auch mit Jim McEwan zusammen und lernte die Brennereien Glen Garioch, Auchentoshan und Bowmore kennen. 1991 kam er dann auf die Idee Whisky in Südafrika zu produzieren. Nach einer Vergrößerung im Jahr 2009 kann die Sedgewick Brennerei 9 Millionen Liter auf ihrer Column Still produzieren und ca. 2 Millionen Liter auf Pot Stills.
Die Grundidee für Bain's, der nach einem südafrikanischen Bauingenieur benannt ist, fasst Andy so zusammen: "respect tradition, but don't hold back because of it." Er sieht die Lage in Südafrika als Chance an, DInge anders anzugehen. Der Bain's erhält daher auch eine double maturation in First Fill Bourbon Casks. Wie das geht? Nach drei Jahren in First Fill Bourbon Casks wird der Whisky für weitere zwei Jahre in andere First Fill Bourbon Fässer umgelagert. So reift der Grain deutlich schneller. Zur Herstellung wird 100% african yellow maize verwendet, wobei auf 94,3% Alkohol destilliert wird. Abgefüllt wird aber leider nur mit 40%.
Im Tasting hatten wir vier verschiedene Reifestufen des Bain's - Andy nannte dies "deconstruction".
- Single Grain unmatured
- 3 Jahre alter Grain (third - fifth fill Ex Bourbon)
- Bain's Single Grain 3 Jahre
- Bain's Single Grain nach der Double maturation.
Bei der Verkostung zeigten sich spannende Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede. Der ungelagerte New Make zeigte sich sehr fruchtig, leicht und angenehm süß. Eine ordentliche Getreidenote kam durch, wobei ich auch einen Hauch Lakritze in der Nase hatte. Der zweite Grain wird vor allem für den Konzerneigenen Blend verwendet. Für mich erstaunlich: Obwohl auch hier mit 40% abgefüllt wurde ist dieser Whisky alkoholischer in der Nase als der ungelagerte New Make. Im Mundgefühl zeigt sich dafür aber eine angenehme Öligkeit. Als drittes kam ein Zwischenstadium des Bain's in unser Glas: Der Grain nach drei Jahren und direkt vor der Umlagerung in weitere First Fill Bourbon Fässer. Für mich war dieser Whisky tatsächlich der beste aus der Reihe. Eine schöne Süße mit Vanille und Bourbonnoten treffen hier auf eine leicht würzige Eiche. Anklänge von Karamell und Früchten runden den Whisky ab. Der Abschluss war der Bain's, den wir im Laden kaufen können. Er baut auf dem dreijährigen auf und zeigt noch mehr Süße und Bourbonfasseinfluss. Allerdings wurde er damit für mich beinahe zu Süß, ein angenehmer Grain ist es aber dennoch. Insgesamt haben mir alle Brände aus der Sedgwick Brennerei gut gefallen, und der Vergleich über alle vier Abfüllungen war ein spannendes Unterfangen.
Deanston - Frisch verliebt
Die Brennerei Deanston war bei mir bis zu diesem Tasting eigentlich ein blinder Fleck. Bis zum letzten Wochenende hatte ich tatsächlich nur den 2008er Bourdeaux Cask probiert und war auf Anhieb begeistert. Da passte dieses Tasting natürlich wie die Faust aufs Auge!
Das Line Up ließ sich durchaus sehen lassen:
- Virgin Oak @46,3%
- 12 Jahre @46,3%
- 15 Jahre Organic @46,3%
- 18 Jahre @46,3%
- 20 Jahre Oloroso Cask @55,3%
- 14 Jahre Spanish Oak (Distillery Exclusive) @57,9%
Durch den zweiten Teil des Abends führte uns Scott Martin. Auch bei Scott stand zunächst die Brennereigeschichte im Vordergrund. Deanston wurde erst 1966 gegründet und wurde in einer alten Baumwohlfabrik gebaut. Der Brennereiaufbau ist daher auch eher vertikal ausgerichtet. Heutzutage ist Deanston vor allem stolz auf seine Energieeffizienz. Mit zwei Wasserkraftturbinen kann die Brennerei ihren gesamten Strombedarf decken und trotzdem noch 75% der erzeugten Energie ins Stromnetz einspeisen. Außerdem gibt es bei Deanston in der Produktion keine Computer, hier wird noch Wert auf Handarbeit gelegt.
Beim Tasting der Whiskys hat Scott seinen ganzen Charme spielen lassen und energiegeladen durch den Abend geführt. Immer wieder hat er uns zu Geschmackseindrücken befragt und Späße getrieben. Der Name "Malte" war dabei übrigens zu kompliziert und ich wurde den restlichen Abend zu "William". So schnell kann es gehen.
Die Whiskys konnten mich gänzlich überzeugen: Selbst der junge Virgin Oak ist ein leichter, vanilliger Whisky, der mir nicht zu eichig war. Das Alter? Wohl ca. 4 bis 7 Jahre, wobei das Finish in Virgin Oak ungefähr sechs Monate dauert. Der 12 Jahre alte Standard der Brennerei baut auf diesen leichten Noten auf und hat schöne Anklänge von grünem Apfel, Vanille, Pfirsich und Trauben. Ein Highlight des Abends ist der Bio Whisky mit 15 Jahren gewesen. Ein delikater, leichter und feiner Dram stand hier vor mir. Vanille, Pfirsich, Trauben und ein wenig Honig treffen auf einen angenehmen Eicheneinfluss. Die 46,3% bilden dabei für alle Geschmacksnuancen eine gute Grundlage. Für Freunde von fragilen Whiskys ist der 15er Organic definitiv ein Tipp. Am schwächsten war für mich der 18 Jahre alte Deanston. Geschmacklich bietet er ähnliches wie der 12 Jahre alte Einsteiger, natürlich etwas runder und voller. Den Aufpreis würde ich aber nicht unbedingt bezahlen.
Den krönenden Abschluss stellten zwei Abfüllungen in Fasstärke dar: Der 20 jährige Oloroso Cask ist ein richtiges Sherrybrett mit tollen Schokoladen, Marzipan und Nussaromen. Dazu die ganze Bandbreite an rten Früchten und mit etwas Wasser auch ein feines Karamell. Der 14 Jahre alte Spanish Oak war der Ausklang des Abends, wobei es mit einem Knall und nicht leise zuende ging. Würze, Kraft und raue Noten kamen hier zusammen. Leider konnte Scott uns nicht sagen, welche Fassart hier verwendet wurde, aber ich hatte - zugegeben als einziger - auch Tannine wie bei einem Rotwein im Geschmack.
Insgesamt war das Bain's / Deanston Tasting ein toller Abend! Mein Dank geht an Andy & Scott, die charmant, witzig und mit viel Wissen durch den Abend geführt haben. Aber natürlich gebührt auch Chris Dank, denn er hat mal wieder einen tollen Abend auf die Beine gestellt. Und ganz nebenbei mich in nicht ganz nüchternem Zustand bis vor die Haustür gefahren!
Kommentar schreiben