Heute kommt kein Whisky in mein Glas. Nicht mal ein schottisches Destillat! Vielmehr schaue ich (endlich), was in Deutschland so neues entsteht. Die Brennerei St. Kilian fertigt seit einiger Zeit Whisky. Dieser ist allerdings noch keine drei Jahre alt und somit aktuell noch ein "fassgelagerter Malzbrand". Ich schaue mir heute an, ob das 21 Monate alte Batch 6 so gut ist, wie ich Vorfeld gehört habe.
St. Kilian Distillers
Die Brennerei St. Kilian sorgt seit einiger Zeit in der deutschen Whiskyszene für Furore. Der frische Brand, der seit 2016 destilliert wird, soll ein extrem hohes Potenzial haben und schon in jungen Jahren bzw. Monaten wirklich gut sein. Ich habe bisher nichts mit der Brennerei zu tun gehabt, was eigentlich keinen besonderen Grund hatte. Irgendwie ist mir nur nie eine Flasche in die Hände gefallen. Dabei sollten mich die Rahmendaten durchaus interessieren, denn die Brennerei südlich von Aschaffenburg brennt sehr klassischen Whisky: Auf schottischen Brennblasen von Forsyths wird hier nach schottischem Vorbild destilliert. Die Anlage selbst wurde von David F. Hynes aufgebaut, einem irischen Master Destiller. Gelagert wird das Destillat anschließend in verschiedenen Fasstypen, wie z.B. das Batch 6 in einer Mischung aus Sauternes und Ex-Bourbon. Ich bin gespannt, ob mir diese hoch gelobte Brennerei auch schmeckt und freue mich jetzt richtig auf die Verkostung!
The Spirit of St. Kilian 21 Monate (Batch 6) - Verkostungsnotizen
Über den "Whisky": Wie eingangs gesagt, handelt es sich hier nicht um einen Whisky. Der "fassgelagerte Malzbrand" lagerte insgesamt 21 Monate in Fässern aus Kentucky, Texas und Frankreich. Wobei die französischen Fässer zuvor Sauternes enthielten. Ich hoffe also auf ein süßes Erlebnis!
Aroma: Uh, der hat ja tatsächlich ordentlich Rauch! Die Nase hat zunächst ein schönes, leichtes Raucharoma, das ich als angenehm trocken empfinde. Dazu kommt eine intensive Malzigkeit und ein leicht kräuterig-erdige Note, die ich noch nicht so richtig zuordnen kann. Ein Hauch Vanille schwingt im Hintergrund mit und zeigt den Einfluss der Bourbonfässer.
Geschmack: Vom Mundgefühl her ist der St. Kilian angenehm und voll. Eine gewisse Cremig- oder Öligkeit ist schon nach 21 Monaten zu verspüren und der Alkoholgehalt von 44,9% setzt den Geschmack gut in Szene. Zunächst kommt ein kurzer Anflug von Vanille und Süße. Auch die Sauternesfässer gehen hier ein wenig Bonbon-Note ab. Blind wäre ich aber nicht auf diese Lagerung gekommen! Schon früh setzt ein leicht holziger Geschmack ein, dezente Eiche liegt im Hintergrund und nimmt immer weiter zu. Zum Ende hin bleiben tatsächlich Sägespäne zurück. Neben all dem bietet der "Malzbrand" auch noch getreidige, leicht stumpfe Noten. Insgesamt ist er recht ausbalanciert, aber zu meiner Überraschung schon jetzt relativ trocken und würzig-holzig. Der Rauch ist jederzeit erkennbar aber niemals zu dominant.
Abgang: Einem 21 Monate lang gelagertem Destillat darf man einen kurzen Abgang nicht vorhalten. Der Spirit of St. Kilian hat allerdings tatsächlich schon einen relativ langen Abgang, der sich mit einem kurzen pfeffrigen Antritt anmeldet. Danach gleitet der Geschmack langsam davon und bleibt mit herben Kakao Noten und getreidiger Holzigkeit.
Abschließende Gedanken: Das Offensichtliche zuerst: Der Spirit of St. Kilian Batch 6 ist kein schottischer Whisky. Das will er wahrscheinlich aber auch gar nicht sein und das
finde ich gut so. Die Herstellung findet zwar auf klassischen Pot-Stills statt und auch die Lagerung ist das klassische Holzfass, aber der Charakter ist dennoch unterschiedlich. Hier wird auf
eine Balance zwischen Süße und Rauch wert gelegt und dieser Versuch ist für mich auch durchaus gelungen. Die Komplexität des Tropfens weiß für mich schon jetzt zu überzeugen, obwohl erst 21
Monate vergangen sind. Ein wenig Sorgen mache ich mir über die, jetzt schon stark ausgeprägte, Holznote. Nach, sagen wir einfach mal, fünf Jahren könnte mir das persönlich zu heftig werden, denn
hier sind richtig aktive Fässer am Werke. Aber ich habe einfach mal Vertrauen in die Handwerkskunst des Produzenten und freue mich auf weitere Batches und den ersten "richtigen"
Whisky.
Bei der abschließenden Bewertung tue ich mich etwas schwer. Dennoch vergebe ich eine Note für den "Zwischenstand". Bitte setzt sie nicht allzu sehr in Bezug zu anderen Bewertungen!
Abschließende Bewertung: 6/7
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