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Whisky Review #116: Zu Besuch bei Knockdhu / AnCnoc (12 & 24 Jahre)

Heute geht es an den letzten Bericht aus Schottland - zumindest was die Brennereien angeht! Ich nehme euch mit zur Highland Brennerei Knockdhu, welche unter dem Label AnCnoc spannende Whiskys auf den Markt bringt. Die Tour wurde uns sogar von anderen Tourguides empfohlen, da kann ja gar nichts mehr schiefgehen!

In der Verkostung gibt es gleich 2 Whiskys: Den AnCnoc 12 Jahre als Standard der Brennerei und den 24 Jahre alten AnCnoc, welcher die älteste und teuerste Abfüllung der Brennerei darstellt.

Speyside 2019

Im März 2019 war ich wiedereinmal in der Speyside und habe mir eine ganze Menge Brennereien angeschaut. In den kommenden Wochen werde ich jede besuchte Brennerei ausführlich besprechen mit einem passenden Whisky, Videos und jeder Menge Bilder. Hier findet Ihr eine Übersicht, welche laufend aktualisiert wird.

 

Klein, sympatisch, Knockdhu

Mit der Brennerei Knockdhu verbindet mich schon lange eine Freundschaft - oder wenigstens Sympathie. Eine gute Freundin von mir liebt dieses Destillat und Andy McNeill hat uns AnCnoc als einen Whisky für "raubeinige Schotten" empfohlen. Das muss wohl so 2013 gewesen sein, vielleicht früher. In der Planung des Urlaubs habe ich mich daher sehr gefreut, dass Knockdhu nicht weit von unserer Unterkunft entfernt war und sogar Touren anbietet.

Der Sympathiefaktor wuchs dann noch deutlich an, als ich sah, dass Touren nur nach Absprache stattfinden. Ich schickte also im Vorfeld eine Mail und bekam nach ein paar Tagen eine Antwort. Touren könne man anbieten, die dauern solange wie sie dauern und sind dabei kostenlos. Lediglich um eine Spende wird vor Ort gebeten. Das ist doch richtig nett und ganz anders als das Onlinesystem von Glenfiddich! Als uns von unserer Guide bei Glenglassaugh dann auch noch eine Tour bei Knockdhu ans Herz gelegt wurde, war doch alles perfekt!

... anders als gedacht

Der Mittwoch der Tour ging allerdings anders los, als es angedacht war. Wir waren beide mies erkältet, mich hatte es schon am Dienstagabend ordentlich dahingerafft. Für uns hieß es also: Bett hüten bis zur Tour um 14 Uhr. Das Wetter war zum Glück furchtbar, sodass wir wenigstens nicht das Gefühl hatten besonders viel zu verpassen. Um 13 Uhr krochen wir also aus dem Bett und machten uns fertig für die Tour. Mit zunehmender Aktivität ging es dann auch mit dem Kreislauf wieder und wir waren wenigstens 60% fit.

 

Der Weg von Huntly stellte sich als wundervoll heraus: Über eine Single Track Road ging es über sanfte Hügel und zwischen Feldern hindurch zur Brennerei. Knockdhu liegt geschützt in einer Senke, die Brennerei selbst ist allerdings leider nicht gerade eine Schönheit. Vielleicht könnte man das Adjektiv "rustikal" verwenden. Wir stellten das Auto ab und machten uns auf den Weg zum Büro. Dort wartete unsere Guide auch schon - und zwar seit 4 Stunden!

Nun, unser Fehler war es nicht, sie hatte sich 10 Uhr notiert und mir in der Mail aber 14 Uhr geschrieben. Ich hatte eine ausgedruckte Version dabei und so war das schnell geregelt.

 

Allerdings habe ich das Gefühl, dass die Auswirkung durchaus gegeben war, denn kurz gesagt hatte sie keinen Bock auf die Tour. Wir hatten wieder eine Privattour und wurden zunächst kurz in die Geschichte eingeführt. Die Brennerei wurde an einer Bahnstrecke gegründet, die mittlerweile aber nicht mehr da sei. Der Name "AnCnoc" wurde gewählt um die Nähe zu Knockando zu umgehen und dann ging es durch den Produktionsprozess, Fasslager, fertig.

Klingt jetzt gehetzt, so wie ich es aufschreibe, oder? War es leider auch. Ungefähr 30 Minuten wurden wir rumgeführt, Rückfragen wurden kalt und eher grummelig abgewehrt (von "beantworten" würde ich eher nicht sprechen) und sie unterhielt sich lieber mit den Mitarbeitern vor Ort. Das wäre durchaus spannend gewesen, wären wir mit eingebunden gewesen. So aber standen wir die meiste Zeit rum und auf Rückfrage "Um was ging es da denn?" kam meist nur ein "ach, Alkoholmessung..." oder ähnliches. Eine verschenkte Chance!

Das Tasting sollte im Büro, beziehungsweise im kleinen Raum daneben stattfinden, doch uns wurde mehrfach mitgeteilt, dass man auch Samples fertig machen könne. Da ich nicht wirklich Lust auf Alkohol hatte und meine Erkältung nicht weiter füttern wollte nahm ich dieses unaufdringliche Angebot an. Nach 45 Minuten fuhren wir also wieder gen Süden in Richtung Speyside. Gespendet haben wir natürlich etwas, aber dabei haben wir uns eher an den einfacheren Tourpreisen orientiert. Immerhin habe ich die Samples noch da und so freue ich mich auf die Verkostung des 24 Jahre alten AnCnoc!

AnCnoc 12 Jahre - Verkostungsnotizen

Über den Whisky: Der 12 Jahre alte AnCnoc bietet den Einstieg in die Range von Knockdhu. Er reifte vorwiegend in Ex-Bourbonfässern und wurde mit 46% abgefüllt. Wie es sich für einen Standard gehört, ist er stets verfügbar und mit knapp über 30€ auch preislich recht attraktiv - zumindest wenn der Geschmack stimmt!

 

Aroma: Die Nase ist im ersten Anflug leicht alkoholisch, das verfliegt aber schnell. Dann entwickeln sich helle Fruchtnoten von Äpfeln und Birne. Später gesellt sich auch eine schöne Säure in der Nase, die von ein wenig Gras begleitet wird. Insgesamt gibt sich der 12 Jahre alte AnCnoc eher leicht aber auch etwas würzig in der Nase.

 

Geschmack: Der Geschmack beginnt spritzig frisch. Ein wirklich idealer Sommerwhisky, das ist schon jetzt klar. Ich habe milde Zitrone (nicht zu sauer), Gras und Heu, ein wenig Orange und Äpfel. Zum Abgang hin wird der 12er etwas bitterer, eichige Noten kommen hinzu. 

 

Abgang: Der Abgang ist mittellang und angenehm. Hier wird ein schöner Kontrapunkt zur Frische aus der Nase und dem Geschmack gesetzt: Eher bitter und von Eichenaromen getragen. Ein wenig Kakao und Zartbitterschokolade.

 

Abschließende Gedanken: Der 12 Jahre alte AnCnoc ist ein leichter, angenehmer Einstieg in die Welt der Brennerei Knockdhu. Der Preis ist absolut fair, denn hier bekommt man einen idealen Frühlings- oder Sommerwhisky. Natürlich ist der Whisky nicht unglaublich komplex, aber das muss man auch nicht unbedingt sein, oder?

 

Kategorie: Scotch Single Malt Whisky

Destille: Knockdhu Distillery

Region:  Highlands

Preis: 0-50€ (ca.30€!)

46%

Kältefiltration: nein

mit Farbstoff: nein

Gelagert in: Ex-Bourbon, Ex-Sherry

 

Mehr Informationen:

Whiskybase

Knockdu Distillery

AnCnoc auf A Dr(e)am of Sea   

 

Abschließende Bewertung: 5/7

AnCnoc 24 Jahre - Verkostungsnotizen

Über den Whisky: Der AnCnoc 24 Jahre wurde in Bourbon- und Sherryfässern gelagert, genauere Angaben fehlen leider. Abgefüllt wurde er mit 46% und auf eine Kühlfilterung oder Farbstoff wurde verzichtet. Die Brennerei ist für etwas kräftigere Aromen bekannt, der 24er ist aber nicht rauchig (wie auch 12 und 18). Mit ca. 140€ ist er zwar nicht gerade günstig, aber in Anbetracht des Alters ist der Preis gar nicht schlecht.

 

Aroma: Das Aroma ist angenehm zurückhaltend. Direkt zeigt der Whisky, dass er über ein gesetztes Alter verfügt. Ich habe erstaunlich viele Zitrusaromen in der Nase: Zitrone und Orangenschale. Dazu dann ein Hauch Getreide und Gras. Auch die Eiche spielt ganz dezent im Hintergrund mit und bildet eine ungemein angenehme Basis für die anderen Aromen. Der 24er zeigt sich wirklich wie ein fein abgestimmtes Parfum!

 

Geschmack: Der Geschmack beginnt süßlich und leicht frisch-fruchtig. Ich bin wirklich erstaunt, dass nach 24 Jahren noch so viel von dieser Zitrusfrische vorhanden ist, normalerweise dominieren ja eher die Holzaromen. Hier zeigt sich anfangs wieder eine frische Zitrone, nach ein, zwei Schlucken finde ich anfangs auch eine leichte Säure. Der Whisky entwickelt sich ständig weiter und ich habe Brombeeren, einen minimalen Hauch Erdbeere und dann langsam mehr Kakao und dunklere Noten. Die Eiche steuert feines Holz bei, ich fühle mich an eine Sauna erinnert. Kein Aroma ist dabei zu sehr im Vordergrund, alles gibt sich harmonisch und mild, jedoch ohne dabei belanglos zu sein. Einfach ein feiner Tropfen!

 

Abgang: Im Abgang blitzt erneut Fruchtigkeit auf, ich finde zu meinem Erstaunen Bananen. Erst langsam gibt sich der Whisky geschlagen und hinterlässt eine feine Bitterkeit mit Eiche, Kakao und vielleicht sogar ein wenig Kaffee. Schade, dass dieses Erlebnis zu Ende ist.

 

Abschließende Gedanken: Was für ein feiner Tropfen! Spannend, komplex, zurückhaltend, gediegen und wahrhaftig gut gereift! Die 100€ Marke wird zwar locker geknackt und natürlich bekommt man zu diesem Preis schon großartige Einzelfässer oder ähnliches und die Konkurrenz ist groß, aber der AnCnoc 24 kann sich hier gut durchsetzen. Zwar mit wenig Ecken und Kanten, dafür aber voller Aroma!

 

Kategorie: Scotch Single Malt Whisky

Destille: Knockdhu Distillery

Region:  Highlands

Preis: 101-200€ (ca.140€!)

46%

Kältefiltration: nein

mit Farbstoff: nein

Gelagert in: Ex-Bourbon, Ex-Sherry

 

Mehr Informationen:

Whiskybase

Knockdu Distillery

AnCnoc auf A Dr(e)am of Sea   

 

Abschließende Bewertung: 7/7

Fazit

Im letzten Jahr konnte mich die Tour bei Dalwhinnie nicht überzeugen, dieses Mal war es leider AnCnoc. Ich habe Verständnis dafür, dass es ärgerlich ist sich einen Termin um 10 zu notieren und diesen erst um 14 Uhr zu haben. Das ist uns allen schon passiert und es nervt! Aber dafür konnten wir nichts und eine maulige Tour hätten wir uns ehrlich gesagt schon fast sparen können. So kann ich AnCnoc von meiner Liste streichen und hoffe für alle, die die Brennerei besuchen auf eine Guide mit besserer Laune. Die vorhergehende Empfehlung lässt ja darauf schließen, dass man bei Knockdhu auch viel Spaß haben kann.

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