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Vor Ort: Hightea bei Hanse Malt: Jura Distillery

Am Sonntag habe ich es endlich mal wieder geschafft Chris Rickert bei Hanse Malt zu besuchen. Ich muss ja schon zugeben, dass ich die Tastings dort fast schon sträflich vernachlässigt habe in der letzten Zeit und so habe ich mich wirklich darauf gefreut Chris kurz vor seinem Urlaub noch einmal in einem Tasting sehen zu können.

Auf dem Tagesplan stand ein Kennenlernen mit der Brennerei Jura, die ich ja bereits letzte Woche mit dem "The Road" in der Besprechung hatte. Ich erwähne es daher nur kurz: Jura und ich sind nicht immer die besten Freunde. Kann sich das noch ändern?

Distillery Hightea

Wenn es eine sinnvolle britische Tradition gibt, die sogar die Schotten nicht missen wollen, dann ist es wohl der Tee am Nachmittag. Unter einem "Hightea" versteht man allerdings auch eine ganze Mahlzeit, welche meist zwischen 17 und 19 Uhr eingenommen wird. Anders als beim klassischen "Kaffee & Kuchen" können dabei auch durchaus herzhafte Speisen auf den Tisch kommen. Darüber hinaus handelt es sich eher um eine Tradition der Arbeiterklasse, denn die hatte eben einfach keine Zeit für den elitären "Afternoontea". Chris hat sich diese Tradition nun also für Tastings zu eigen gemacht und verbindet beste Zutaten zu einem entspannten Nachmittag: Selbstgemachte Scones und Marmeladen, Lachs- und Gurken-Kresse-Sandwiches, Kaffee & Tee, ein wenig Schokolade und vier Juras kamen am Sonntag auf den Tisch. Wer kann da schon "nein" sagen?

Isle of Jura - Viele Hirsche, viele Fässer

Die Brennerei "Isle of Jura", kurz eigentlich immer nur mit "Jura" abgekürzt, liegt auf der gleichnamigen Insel eingeklemmt zwischen Islay im Westen und der Halbinsel Kintyre im Osten. Die Besonderheit der Insel sind vor allem ihre Einwohner: Auf ungefähr 200 Einwohner (196 im Jahr 2011, bei 367 km²) kommen hier mehrere tausend Hirsche und anderes Rotwild. Wer Einsamkeit sucht ist auf Jura definitiv richtig und kann dabei auf den Spuren von George Orwell wandern, der hier zwischen 1947 und 48 seinen Roman 1984 schrieb.

 

Die einzige Brennerei der Insel wurde bereits 1810 gegründet und produziert aktuell ca. 2,2 Millionen Liter reinen Alkohol. Vielen wird die Brennerei vor allem ein Begriff sein, weil sie seit 1993 zu Whyte & Mackay gehört und somit die aktuellen Whiskys unter der Aufsicht von Richard Paterson entstehen, der seinerseits ja eine Art Ikone der Whiskywelt ist.

 

Im Tasting gab es drei Whiskys aus der aktuellen Jura-Range, die im letzten Jahr vorgestellt wurde. Ich war im vergangenen Sommer auf dem Launchevent im Museumshafen Oevelgönne, klickt doch gerne mal in den alten Artikel!

 

Jura 12 Jahre: Der aktuelle 12 Jahre alte Jura wurde in Bourbon Barrels und Oloroso Sherry Fässern gelagert. Tatsächlich konnte mich dieser Whisky ziemlich überzeugen, denn er ist ein schöner Allday-Dram. Durch die 40% herrlich unkompliziert, mit einer schönen Öligkeit und wenigen Kanten. Dazu kommt eine erstaunlich ausgeprägte Rauchnote. Man könnte jetzt auch sagen "langweilig", aber als Einstieg in die Serie finde ich den gar nicht verkehrt! Der Preis liegt bei ca. 40€.

 

Jura 12 Jahre in der Whiskybase

 

Jura 18 Jahre: Der 6 Jahre ältere Vertreter von Jura durfte auch in Ex-Bourbonfässern lagern, erfuhr danach aber ein Finish in "finest Red Wine Casks". Wer verwendet eigentlich die Fässer, die nicht als "finest" deklariert werden können? .. zurück zum Thema! Für mich war der 18er ehrlich gesagt nichts, aber im Tasting kam er sonst gut an. Ich finde, dass hier die Rotwein- und Holznoten zu stark sind. Ich komme mit Rotweinlagerungen meistens nicht gut klar, und diese persönliche Präferenz kam auch hier wieder zum tragen. Aber wenn Ihr auf eben diesen Fasstyp steht, dann wäre der 18er eine Überlegung wert. Abgefüllt wurde hier mit 44%, der Preis liegt bei ca. 75€.

 

Jura 18 jahre in der Whiskybase

 

Jura "Seven Wood": Was wäre eine Brennerei unter Richard Paterson ohne einen Whisky mit zig Fässern! Der Seven Wood erfüllt dieses Klischee und vereint so viele Fässer, dass in der Whiskybase einfach "7 Cask Types" eingetragen ist. Eigentlich ist die Zusammenstellung auch gar nicht so relevant, denn es handelt sich fast ausschließlich um französische Eiche, aber der Vollständigkeit halber: Limousin, Troncais, Allier, Vosges, Jupilles und Les Bertranges und Ex-Bourbon. Im Whisky findet sich diese Vielzahl allerdings kaum wieder. Für mich war dies der langweiligste Whisky des Tages. Mit 42% einigermaßen lasch, mit 55€ dafür deutlich zu teuer. Fruchtig, leicht, weniger Weineinfluss als beim 18er. 

 

SMWS 31.36 "Greasy Margaritas": Den offiziellen Abschluss bildete der 31.36 von der Scotch Malt Whisky Society. Ein 29 Jahre alter Jura, der am 27.09.1988 destilliert und nach 29 Jahren abgefüllt wurde. Wie bei der SMWS üblich wurde hier nicht gefärbt, nicht kühl gefiltert und mit 52,6% Fassstärke abgefüllt. Um ehrlich zu sein: Dieser Whisky war eine Enttäuschung! Scharf, fast sprittig, erstaunlich unrund für sein Alter. Dazu hatte ich Zitrus, Spritzigkeit und viel Würze. Insgesamt aber überraschend unharmonisch und für einen Preis jenseits der 150€ definitiv kein "must buy" für mich! Schade eigentlich, die Rahmendaten sind toll!

 

Greasy Margaritas in der Whiskybase

 

Jura "One for the Road": Den Abschluss bildete der "One for the Road", ein 22 Jahre alter Jura mit Pinot Noir Wine Finish und 47% Alkohol. Und was soll ich sagen? Das ist ein genialer Tropfen! Ja, auch hier sind gute 190€ fällig, falls Ihr ihn denn noch bekommt. Aber dafür gibt es Öligkeit, jede Menge dunkle Früchte, einen Hauch Wein, Malz, ein Tick Rauch und insgesamt einfach eine herrliche, harmonische Komplexität. Ein großartiger Tropfen und würdiger Abschluss!

 

Jura "One for the Road" in der Whiskybase

 

Weitere Informationen:

Ort: Hanse Malt - Fischmarkt 17, 22767 Hamburg

Wann: Sonntags 16-19 Uhr

Kosten: 39€ p.P.

Was bekomme ich? 4 ausgesuchte Whiskys einer Brennerei (in diesem Falle sogar 5!), hausgemachte Scones und Sandwiches, Kaffee und Tee und natürlich eine entspannte Athmosphäre!

Tickets & Termine: Hanse Malt

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